Zu naiv? Margreitter bemängelt die Club-Cleverness

19.10.2019, 15:26 Uhr
Zu naiv? Margreitter bemängelt die Club-Cleverness

© Sportfoto Zink

Wahrscheinlich wären sich die Nürnberger hinterher in den Armen gelegen,wenn Michael Frey mit seinem Elfmeter in der neunten oder zehnten Minute der Nachspielzeit nicht an Martin Männel gescheitert wäre. Was für eine Moral, hätten die Beobachter geschwärmt, in Unterzahl dreimal so zurückzukommen, einfach Wahnsinn.

So aber musste Lukas Mühl am Samstagmittag ein paar eher unangenehme Fragen beantworten. Sein Comeback nach vierwöchigem Zuschauen hatte sich der junge Mann wahrscheinlich etwas anders vorgestellt, obwohl zum Zeitpunkt seiner Einwechslung bereits mit dem Schlimmsten gerechnet werden musste.

Nach Sörensens Platzverweis war der Club einer weniger, Mühl sollte die entstandene Lücke beim Stand von 1:1 füllen. Was ihm in Kooperation mit den zehn oder diesmal nur noch neun anderen eher mittelprächtig gelang. "Ein verrücktes Spiel, das werden wir so oft nicht mehr erleben", sagte Mühl am Samstag, "dennoch kann man es natürlich auch immer besser verteidigen."

Mühl wehrt sich gegen die Stimmen

Respektive muss man es besser verteidigen, intelligenter vor allem. Selbst in Unterzahl "haben wir schon auch versucht, nach vorn zu spielen, das ist das, was wir wollen", erklärt Mühl, nur eben nicht auf Kosten der defensiven Stabilität. Noch ein bisschen Pech wie vor dem 2:3, als der Ball bei Handwerkers Klärungsversuch von einem Auer zurück in die Mitte prallte, und schon kann so eine zunächst sehr einseitige Begegnung auch ganz leicht kippen.

18 Tore hat der Club erzielt in zehn Partien und 18 kassiert, Stärken und Schwächen des aktuellen Jahrgangs scheinen ein offenes Geheimnis zu sein. Mühl sieht das etwas differenzierter. "Man liest immer: Nürnberg offensiv super, defensiv schlecht, wir werden da immer geteilt, das gefällt mir nicht so", sagt Mühl, denn: Kein eigener Angriff ohne Eröffnung von hinten, kein Angriff des Gegners ohne frühzeitige Störversuche ganz vorn. Aber, auch klar: "Natürlich sind wir hinten immer am Ende der Kette."

Kollege Margreitter wird in seiner Analyse noch deutlicher: "Es ist so ziemlich alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann, es ist wirklich alles zusammengekommen", sagte er am Samstagmittag nach der regenerativen Einheit. "Was mir wehtut: Wir sind in Aue 1:0 vorn, die hatten 55 oder 60 Minuten keinen Torschuss, perfekter kann‘s auswärts eigentlich nicht laufen - und anstatt das auszunutzen, die ideenlos rumspielen zu lassen, uns in der eigenen Hälfte geschlossen aufzustellen, rennen bei uns alle nach vorn, wollen irgendwie das 2:0 machen - und wir laufen blindlings und total naiv in die Konter rein."

Der Österreicher beklagt also: taktische Anfängerfehler. "Aue war so ungefährlich, der Gedanke im Kollektiv hätte sein müssen: Wir haben jetzt hier was zu verteidigen und sichern erst mal nach hinten ab, das Kontertor zum 2:0 kommt oder kommt nicht." Wenn es nicht kommt und der Club im letzten Platzdrittel kompakt bleibt, langt ja möglicherweise auch ein 1:0.

Kurzum, "wir mussten das Risiko nicht gehen", sagt Margreitter, es hätte wohl auch genügt, das Spiel zu verschleppen, Zeit von der Uhr zu nehmen, "der Spielverlauf war so auf unserer Seite". Und dann steht da plötzlich ein 3:4. "Es lässt sich reduzieren auf das Schlagwort: Cleverness. Wir haben die Auer erst stark gemacht." Ebenso die Sandhäuser, die Karlsruher, die Heidenheimer. Die Liste wird immer länger.

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