Warm duschen nur bei guten Freunden

28.7.2008, 00:00 Uhr
Warm duschen nur bei guten Freunden

© Thomas Scherer

Mit Faltblättern, die an Ballbesucher verteilt wurden, macht sich das Sozialforum für einen Sozialtarif der infra bei Strom und Gas stark. Viel Verständnis ernteten die Demonstranten, von denen etliche selbst unter Stromsperren leiden, allerdings nicht. «Wir brauchen das nicht, wir arbeiten», oder: «Wir bauen eine Photovoltaikanlage für 20 000 Euro auf unser Dach» bekamen sie zu hören.

Für Sozialforumssprecher Stephan Stadlbauer zeugt das von einem eklatanten Mangel an Gefühl für die dramatische Situation. Schließlich könne jeder mal in eine Zwangslage kommen. Wie die demonstrierende Geschäftsfrau Helga K., deren Exfreund das Geschäft ruiniert und 1600 Euro Stromschulden hinterlassen hat. Eine Ratenzahlung wurde der Hartz-IV-Empfängerin von der infra nicht zugestanden.

Kaffee kocht die Fürtherin nun auf dem Fondue-Brenner und warm duschen kann sie nur bei guten Freunden. Billige Kerzen spenden Licht in der Wohnung. Vor dem Winter fürchtet sich die 61-jährige jetzt schon, weil es dann keine Heizung gibt.

«Man sitzt bei Kerzenlicht, warmes Essen gibt’s schon lange nicht mehr», berichtet Denise K. Nach dem Umzug hat ein unerwarteter Schwung von Rechnungen die finanziellen Verhältnisse der 26-Jährigen überschritten. Weil sie mit 280 Euro in Rückstand kam, wurde der Strom gesperrt. Einschließlich Mahn-, Sperr- und Wiederanschlusskosten kommen rund 460 Euro zusammen. Stromschulden in dieser Höhe konnte der arbeitslose Schwerbehinderte Horst P. gerade noch von seinen Ersparnissen begleichen. Himmelangst wird ihm jedoch angesichts der Energiepreisentwicklung. «Nur eine Frage der Zeit, bis ich auch zu den Stromsperre-Opfern gehöre», sagt der 41-Jährige.

Zukunftsangst und freudige Erwartung prallten am Stadtparkeingang aufeinander. Das Sozialforum, das mit seiner Aktion auch an die soziale Verantwortung appellierte, hatte schon im vergangenen Jubiläumsjahr zum Sommernachtsball auf die Armut in Fürth aufmerksam gemacht.

VOLKER DITTMAR