Die Ärzte sagten ihr ein kurzes Leben voraus

3.4.2011, 19:00 Uhr
Die Ärzte sagten ihr ein kurzes Leben voraus

© Roland Fengler

Ida Junginger ist in Nürnberg geboren und eine Tochter aus gutem Hause. Die Mutter stammt aus altem Adel. Der Vater ist königlicher Staatsbeamter und baut als Ingenieur Eisenbahnbrücken. „Ich war ein verzogenes Kind und behütet wie ein Augapfel“, erinnert sich die Jubilarin.

Ihre Eltern seien sehr besorgt gewesen um ihr einziges Kind und hätten es vorsichtshalber permanent zum Arzt geschleppt. Manchmal kann elterliche Fürsorge auch erdrückend sein. Die kleine Ida jedenfalls beneidet glühend die Buben und Mädchen, die draußen spielen oder allein zu Hause sein dürfen. Doch die „Gassenkinder“ sind für sie tabu. Den gepflegten Garten der Jungingers am Rennweg dürfen nur „ebenbürtige“ Freundinnen betreten.

Ida geht ins „Labenwolf“, in die „Affenschule“, wie das Gymnasium damals abfällig genannt wird, weil man dort angeblich die „Elite“ unterrichtet. Das selbstbewusste Mädchen zeigt den Lehrern, die sie nicht mag, die Zähne. Und sie ist eine sehr gute Schülerin, die stets vor Neugier brennt und wissen will, weshalb, warum, wieso.

Krankenschwester im Krieg

Obwohl ihr Mathematik besonders liegt, entscheidet sie sich dafür, Kunst zu studieren.Sie wird Kunsterzieherin am Helene-Lange-Gymnasium in Fürth. Dort steht neben Malen und Zeichnen auch Kunstgeschichte auf dem Stundenplan.Ida Junginger verwebt den zu vermittelnden Stoff stets mit eigenen Geschichten. Das begeistert die Kinder so sehr, dass sie vergessen, Unsinn zu machen. Der Zweite Weltkrieg bringt eine Zäsur. Die junge Lehrerin wird als Krankenschwester angelernt. „Die Pflege der vielen schwer verletzten jungen Soldaten hat schon geschlaucht.“

Nach dem Krieg unterrichtet Ida Junginger wieder am Gymnasium. Sie malt, schreibt Gedichte, illustriert Kinderbücher, singt, spielt Klavier und sie liebt „ihre“ Kinder und die Schule. Dementsprechend schwer fällt ihr der Abschied in den Ruhestand. „Ich konnte lange nicht in die Nähe des Schulhauses gehen.“

Langweilig aber wird es Junginger nie. Sie engagiert sich als Kulturberaterin in einem Verein, der Vertriebenen unter die Arme greift und organisiert dort Lesungen und Vorträge mit namhaften Autoren und Referenten. Die von ihr gehaltene Vortragsreihe „Bekannte und verkannte Künstler“ endete 2009. „Mittlerweile stehen im Verein nur mehr Themen auf dem Programm, die sich ums Alter drehen“, ärgert sich das Geburtstagskind.

100 Jahre Leben – für eine Rückschau hat Ida Junginger wenig übrig. Sie lebt in der Gegenwart und da gibt es genug, über das es sich lohnt nachzudenken. „Eine vernünftige Lebenseinstellung ist wie ein Jungbrunnen. Ich danke Gott jeden Tag dafür, dass ich dankbar sein und das Gute in meinem Leben sehen kann.“