Kritik an politischer Einseitigkeit

8.4.2012, 13:00 Uhr
Kritik an politischer Einseitigkeit

© Tim Brakemeier (dpa)

„Mutig, aber dumm“, nennt der Fürther Schriftsteller Ewald Arenz den Vorstoß seines Kollegen. Literarisch obendrein fragwürdig, weil es sich um ein politisches Pamphlet handle, das sich unter dem Deckmantel der Kunst verberge. Dabei will Arenz dem Künstler nicht die Berechtigung zur politischen Stellungnahme abstreiten. Sie solle aber in der Tradition Tucholskys auch als solche verpackt werden.

Das Gedicht „Was gesagt werden muss“ hält Arenz für unscharf, aber interessant. Es stoße eine Diskussion an, die offenbar nötig sei, trage aber eher zur Verhärtung der Standpunkte bei als zu einer politischen Klärung. Auch zweifelt der Fürther am Sachwissen von Günter Grass im Hinblick auf die Erstschlagplanung und die Stimmung im iranischen Volk.

Geklärt werden müsse vorab die Frage, ob Deutsche jemals unbelastet von der NS-Vergangenheit Israels Politik kritisieren können. Davon unberührt gehöre Kritik der Politik — etwa an Israels Weigerung, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen — zur guten politischen Kultur.

„Unverantwortlich“ handelt Günter Grass in den Augen der Angehörigen der Israelitischen Kultusgemeinde Fürths, Gisela Naomi Blume. Sie nennt den Schriftsteller einen „Brunnenvergifter“, der sich selbst demontiere. Sein Wort habe Gewicht, müsse deshalb besonders sorgfältig abgewogen werden. Das Gedicht sei jedoch einseitig und schüre eine gefährliche Stimmung.

Nicht bedacht wurde, so Blume am Vorabend des achttägigen Pessachfests, das Gefahrenpotenzial, das von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad ausgehe. Einem Politiker, der Israel das Existenzrecht abspreche. Blume: „Ich halte Israels Politiker nicht für so unklug, mit aller Macht auf den Iran einzuschlagen. Sie bauen vielmehr ein Drohpotenzial auf, um größerem Unheil vorzubeugen.“

Dem aus Teheran stammenden und seit 1986 in Deutschland lebenden Maler Akbar Akbarpour sind Grass‘ Beweggründe zwar unklar, aber mit den Aussagen des Gedichts kann er sich identifizieren. Allerdings warnt auch Akbarpour vor Einseitigkeit und gibt zu bedenken, dass der Iran nicht in Schutz genommen werden müsse. Seit Jahrzehnten werde dort das Volk unterdrückt. Ein Angriff Israels sei aber keine Lösung, weil darunter Iraner wie Israelis leiden müssten – zumal eine militärische Operation die Gefahr einer Eskalation berge.

Überrascht von der Heftigkeit der Debatte ist SPD-Stadtrat Rudi Lindner, der zu den Rednern der Auftakt-Kundgebung zum Ostermarsch 2012 am Montag um 12.45 Uhr neben der Auferstehungskirche gehört. Zwar habe Deutschland eine historische Verpflichtung gegenüber dem jüdischen Volk, die politische Auseinandersetzung dürfe deshalb jedoch nicht tabuisiert werden. Kriegerische Akte dürften kein Mittel der Politik sein. Lindner hofft, dass der Konflikt mit dem Iran diplomatisch gelöst wird.

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