Das Hässliche kann inspirierend sein

7.12.2013, 00:00 Uhr
Das Hässliche kann inspirierend sein

© Roland Fengler

zumindest, was die Kunst betrifft. Vergleichsweise wohlbehütet aufgewachsen, entdeckte der damals 14-Jährige die Kunst für sich. „Der klassischen Malerei habe ich alles zu verdanken“, sagt der gebürtige Nürnberger, der durch das Hobby des Vaters, eines Architekten, „immer schon von Farben und Pinseln umgeben“ war. „Nur hat sich das bei mir auch immer schon ganz anders widergespiegelt.“

Raus auf die Straßen, erst die der Stadt und schließlich hier und da in Europa, ging es, um das zu machen, was heutzutage gemeinhin (und freilich gewissermaßen fälschlicherweise) als „Streetart“ bezeichnet wird. Als „echter Bomber“, also einer, der sehr schnell, tendenziell nicht bei Tageslicht und gern auf gut sichtbaren Flächen malt, durchlief der 33-Jährige, den „immer schon das Einfache fasziniert“ hat, eine „lange künstlerische Selbstfindungsphase“. Doch die Zeiten ändern sich, und wie bei so vielen seiner Branche wird Florian Karnik mit dem Alter ruhiger, vernünftiger, verantwortungsbewusster.

Was geblieben ist? „Ich will die heutige Zeit wiedergeben und nicht nur zeigen, wie toll und schön alles ist. Deswegen arbeite ich am liebsten nach wie vor schnell und trashig.“ Von Hudelei kann dabei keine Rede sein. Für eine großflächige Wandinstallation hatte der gelernte Bauzeichner, der im familiären Architekturbüro arbeitet, nicht nur eine „Strickoma“ engagiert, die in der Lage war, „meine völlig wirre Skizze umzusetzen“, sondern akribisch mehrere Kilometer Wolle selbst verarbeitet.

Die Leinwände, die jetzt in der Roten Bar hängen, sind Ausdruck „all der negativen wie positiven Impressionen, die mich tagtäglich erreichen, und die ich auf meine Weise filtere.“ Und vor allem von Karniks Persönlichkeit: Wie der Künstler selbst sind die Bilder vielschichtig bis wirr, authentisch bis überdreht und in all ihrer vordergründigen Unstrukturiertheit sehr geradlinig.
„Jede Leinwand ist ein Prozess“, sagt Florian Karnik, der, wenn er zu malen beginnt, genauso wenig weiß, wie das Endergebnis aussieht, wie er am Anfang eines Satzes weiß, wie der wohl enden wird. In den zwölf teils sehr großen Bildern kommen verschiedenste Materialien und Einflüsse zum Tragen, finden Street-, Pop- und UrbanArt genauso Platz wie die eigene Graffiti-Vergangenheit und die architektonische Sozialisierung.

„Ich bin selbstverständlich kein Vorreiter meiner Zeit“, ist der Künstler bescheiden, „und habe sicher die Kunst nicht erfunden, nur weil ich mit Farbe um mich werfe.“ Und das tut er nicht zu gering. Die Arbeiten sind größtenteils sehr bunt, sehr durcheinander, sehr „trashig“, manchem vielleicht zu viel von allem, aber erstens „wünsche ich mir, dass sich die Menschen mehr mit dem Hässlichen auseinandersetzen“, und zweitens „entscheidet letztlich jeder Betrachter selbst, was gefällt und was nicht.“

„The Thin Line“, bis 15. Dezember, Rote Bar, Peter-Vischer-Straße 3. www.dierotebar.net

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