Syrien-Einsatz: Furcht vor einem „sehr, sehr langen Krieg“

3.12.2015, 16:00 Uhr
Syrien-Einsatz: Furcht vor einem „sehr, sehr langen Krieg“

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Welche Verantwortung mit einem solchen Beschluss verbunden ist, davon hat Christian Schmidt (CSU) seit seiner Zeit als parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium eine gute Vorstellung. Zweifel daran, dass die Beteiligung mit bis zu 1200 Soldaten am internationalen Kampf gegen den IS richtig ist, hat der heutige Landwirtschaftsminister nicht: „Ich halte das für richtig und unabdingbar, nicht nur im Sinne der europäischen Solidarität. Es ist auch ein Beitrag, das Terrorregime des IS zu beenden.“

Von Krieg will Schmidt wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dabei nicht sprechen, mit dem Wort dürfe man nicht „inflationär“ umgehen: „Die deutsche Unterstützung ist zweifellos ein militärischer Einsatz, aber kein Kriegseinsatz.“

Während die Grünen, aber auch der Bundeswehrverband ein klares Konzept vermissen, betont Schmidt: „Ich sehe eine Strategie: Erstes Ziel ist, den IS an der Ausweitung seines Territoriums zu hindern. Zweitens brauchen wir Sicherheit für die Menschen in ihrer Heimat – und, dass sie dort nicht von Terroristen unterdrückt werden.“ Der militärische Einsatz sei aber nur ein Teil der Lösung. Er sei daher froh, so Schmidt, dass Steinmeier es geschafft habe, Saudi-Arabien und den Iran mit an den Verhandlungstisch zu bekommen.

Der Fürther CSU-Politiker befürchtet nicht, dass sich die Terrorgefahr hierzulande durch das Engagement erhöhe. Man dürfe nicht vergessen, dass Deutschland bereits seit über einem Jahr die kurdischen Peschmerga ausbildet und mit Waffen ausrüstet. In letzter Konsequenz dürfte man sich aber auch von der Angst vor Terror nicht lähmen lassen: „Wenn barbarische Menschenquäler unterwegs sind, muss man sich entscheiden: Mache ich etwas dagegen oder schaue ich zu?“

"So eine chaotische Veranstaltung"

Nicht wohl fühlt sich der Grünen-Abgeordnete Uwe Kekeritz in diesen Tagen. Er weiß bereits, dass er mit Nein stimmen wird. „Wir werden hier in einen vermutlich sehr, sehr langen Krieg hineingezogen“, befürchtet er. „Man weiß nicht, was man eigentlich will. Und mit wem? Mit den Russen? Mit Assad?“ Dabei gebe es überhaupt keine Notwendigkeit, so zügig zu entscheiden: „So eine chaotische Veranstaltung zu einem so bedeutenden Thema hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht mitgemacht.“

Indem die Regierung den Marschbefehl für die Bundeswehr zum Teil mit der Flüchtlingsproblematik legitimiere, erwecke sie zudem einen falschen Eindruck, kritisiert Kekeritz: Denn neben dem IS, einer „kriminellen, höchst verabscheuungswürdigen Organisation“, sei da noch Syriens Machthaber Assad: Man dürfe nicht übersehen, dass die meisten Syrer, die nach Deutschland kommen, vor ihm geflohen sind. Dass man sich wohl auf einen langen Einsatz einstellen muss, nimmt auch der Fürther Rechtsreferent Christoph Maier, der Reserve-Offizier ist, an. Für ihn ist der Schritt dennoch richtig: „Solidarität kann sich nicht darauf beschränken, mit Paris zu trauern. Verbündete müssen auch mal ran, wenn sie um Unterstützung gebeten werden.“

Mit militärischen Mitteln könne man den IS zumindest „in Schach halten und schwächen.“ Um diesen „mörderischen Feind“ aber zu besiegen, müsse man die Ursachen für seinen Aufstieg politisch bekämpfen. Einen Bodeneinsatz lehnt er kategorisch ab, so lange die „moslemischen Nachbarn sich nicht viel mehr bei der Bekämpfung des IS engagieren“.

"Im Prinzip ist es Krieg"

Maier macht sich keine Illusionen: „Einen Krieg, der ohne Verluste der Zivilbevölkerung abgeht, gibt es nicht.“ Dass die Bomben den Terroristen weitere Anhänger in die Arme treiben, sei zu befürchten. Dennoch glaubt Maier: Die Wurzel des IS sei nicht der Hass auf den Westen, sondern der seit langem dauernde Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten.

„Sehr übereilt“ kommt dem Fürther SPD-Stadtrat Rudi Lindner der Vorstoß der Regierung vor: „Mir persönlich wäre ein UN-Mandat lieber“, sagt der 62–Jährige, der auf Anti-Kriegs-Demonstrationen in Fürth nie fehlt und die Gedenkveranstaltung am Antikriegstag selbst organisiert.

Es stehe außer Frage, dass man den „verbrecherischen IS aufhalten muss“, sagt er. Aber er hat Sorge, dass sich die Spirale der Gewalt durch militärische Intervention nur weiterdreht. „Man will das Wort Krieg vermeiden, es ist so hässlich. Aber im Prinzip ist es Krieg.“

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