Falschparker: Fürther Behinderte zücken die Rote Karte

22.4.2016, 16:00 Uhr
Falschparker: Fürther Behinderte zücken die Rote Karte

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Viele Autofahrer hatten in der Hirschenstraße schon den gleichen Gedanken: Ich bin ja nur mal kurz Brötchen holen. Sie sind dann tatsächlich nach wenigen Minuten zurück am Wagen und machen den Behindertenparkplatz, auf dem sie nicht hätten stehen dürfen, wieder frei – für den nächsten, der nur mal schnell . . .

In der Hirschenstraße können die Mitglieder des Behindertenrats gut beobachten, wie begehrt dieser Parkplatz ist, denn er befindet sich gleich gegenüber von ihrem Büro im Technischen Rathaus. „Jeder stellt sich drauf und denkt, ich bleib’ nur zwei Minuten – und den ganzen Tag ist er belegt“, sagt Roland Sperber, stellvertretender Vorsitzender des Gremiums.

Oft ärgern sich Sperber und die anderen darüber, erzählt er, manchmal sprechen sie die Autofahrer an, heften Zettel an die Scheibe oder rufen, wenn einer dauerhaft hier bleibt, auch mal die Polizei. Weil das Problem ihrer Erfahrung nach keineswegs nur an dieser Stelle besteht, sondern überall dort, wo freie Stellplätze rar sind, wollen sie Autofahrer nun mit einer Aktion für ihre Not sensibilisieren.

Vorbild ist die Stadt Rotenburg in Niedersachsen, die seit einiger Zeit „Rote Karten“ für Falschparker verteilt. Sie werden hinter Scheibenwischer geklemmt und sollen den Besitzer aufrütteln. Anders als beim Fußball sind die Karten nicht wirklich rot – aber sie machen deutlich, dass hier einer gegen die Regeln verstößt. „Je knapper das Parkangebot, desto niedriger ist die Hemmung, sich auf den Behindertenplatz zu stellen“, sagt Sperber. „Behinderte, die zum Ein- und Aussteigen eigentlich breitere Parkplätze brauchen, könnten sich zur Not auch mal auf einen normalen Parkplatz stellen – aber den gibt es ja dann auch nicht.“

Um die Situation zu verbessern, hat jetzt auch der Fürther Behindertenrat „Rote Karten“ drucken lassen. Er bekam dabei prominente Unterstützung: Volker Heißmann und Martin Rassau haben sich als Paten für die Initiative zur Verfügung gestellt. Auf der Internetseite des Gremiums werben sie sowie ihre Kunstfiguren Waltraud und Mariechen für die Aktion, um ihr mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. „Auch an meinem Auto klebt das Bild von Waltraud und Mariechen“, erzählt Sperber, „und die Leute bleiben stehen und schauen.“

Auf der „Roten Karte“ selbst erfahren Autofahrer: „Hier sind Sie falsch“. Es sei wenig rücksichtsvoll, unberechtigt einen Behindertenparkplatz zu belegen, heißt es auf der Rückseite, denn andere seien dringend auf ihn angewiesen. Die Macher appellieren aber nicht nur ans Gewissen, sondern informieren auch darüber, dass das unfaire Verhalten teuer werden kann. Schnell könnten 200 Euro für Bußgeld und Abschleppgebühr zusammenkommen.

Der Behindertenrat sucht nun Fürther, die mithelfen, die Karten zu verteilen, wenn ihnen Falschparker auffallen. Dazu zählen übrigens auch Menschen, die zwar einen Schwerbehindertenausweis haben, aber nicht gehbehindert sind.

Vielleicht, so hoffen Sperber und seine Mitstreiter, führt die Aktion dazu, dass manchen künftig ein anderer Gedanke durch den Kopf schießt, wenn sie einen Behindertenparkplatz entdecken: Der ist für mich tabu.

Wer die Aktion unterstützen will, kann dienstags zwischen 9.30 und 11.30 Uhr oder nach Vereinbarung „Rote Karten“ im Büro des Behindertenrats im Technischen Rathaus, Hirschenstraße 2, Zi. 001, abholen. Die Karten liegen bald auch vielerorts aus.

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