Sängerwettstreit im Rathaus

24.6.2016, 19:05 Uhr
Sängerwettstreit im Rathaus

© Foto: Michael Matejka

„Ich will ein guter Bürgermeister sein.“ Lange hat man ein Nürnberger Stadtoberhaupt nicht mehr mit so balsamischem Bass vernommen. Meister Steffen, seines Zeichens Goldschmied, ist eben (wir schreiben das Jahr 1519) zum Chef des Rates gekürt worden und nun kann er sich seiner zweiten Aufgabe widmen. Seine Tochter Kunigunde wäre mittlerweile im heiratsfähigen Alter und mit Eoban Hesse ist ein angesehener Ratsherr aus Augsburg stark interessiert.

Nur zu dumm, dass die Angebetete ihrerseits bereits mehr als zwei Augen auf den feschen Schuhmacher von nebenan geworfen hat, der auch noch so hingebungsvoll dichtet. Im Gegensatz zu den „Meistersingern“ begegnet uns hier nämlich kein altersweiser, der körperlichen Liebe entsagender Sachs, sondern einer, der tatsächlich noch in der Familien-Gründungsphase steckt. Auch sonst ist mancher Vergleich zu Wagners angeblich komischer Oper sehr aufschlussreich.

Der Sängerwettstreit findet nicht auf der Hallerwiese, sondern im Alten Rathaussaal statt. Obwohl das Volk auf der Seite des Handwerkers steht, unterliegt er gegen die Meinung der Stadtspitze und wird von der sogar noch aus der geliebten Heimatstadt verbannt. Da braucht es schon einen Deus ex machina in Gestalt Kaiser Maximilian I., der die Nürnberger Verhältnisse wieder ins Lot bringt.

Konzertanter Querschnitt

Zuletzt hatte sich das Opernhaus 1950 an das Werk getraut. Und Dirigent Guido Johannes Rumstadt fand jetzt auch ein probates Mittel aus den LP-Zeiten der fünziger Jahre: Da gab es immer wieder Querschnitte, die einen Überblick über einzelne Musikdramen gaben. Also strich man die umständlichen Sprechszenen, konzentrierte sich auf die Zugnummern und vor allem die Ensembleszenen mit Chor. Lortzing beherrschte es wirklich meisterhaft, in aller Schnelle aus einem Solistenquartett eine bewegte Volksszene zu destillieren.

Und doch muss man ehrlich sein. Was sich schon in der wirklich unoriginellen, ja plumpen Ouvertüre abzeichnete, verstärkte sich als Eindruck in der Folge: Sonderlich inspiriert hat den Komponisten das Thema nicht. Da sind einfach zu viele pauschale Wendungen zu vernehmen und auch der betuliche Humor jener Zeit um 1840 ist halt auch schon ziemlich abgestanden. Der Unterhaltungswert hielt sich somit in engen Grenzen. Eine Hilfe wären vielleicht die Gesangstexte im Programmheft gewesen. . .

Nichtsdestotrotz wurde in den beiden Aufführungen im Serenadenhof engagiert musiziert: Die Damen des Chores hatten sich zum feierlichen Anlass Blüten ins Haar gesteckt und es wurde freudig gejubelt, sich empört oder auch nur mal ein verständnisloses „Häh?“ in die Runde geworfen.

Die acht Gesangssolisten, von denen immerhin vier über ausgewiesene Erfahrung am Nürnberger Staatstheater verfügten, legten sich wirkungsvoll ins Zeug: Martin Berner gab mit deklamatorisch vorbildlichem Bariton einen kernigen Sachs, Tenor Martin Nyvall konturierte den aufgeblasenen Eoban, während Bernd Hofmann die eingangs erwähnte singende Stadtspitze markierte.

Prächtiges Stimm-Material präsentierte Carl Rumstadt (Kaiser). Die beiden Frauenrolle wurden von Katrin Adel (Sopran) und Lena Fleck (Mezzo) stimmungsdicht nachvollzogen. Etwas mehr Spielglanz hätte man sich von den Symphonikern gewünscht. Alles in allem: Sehr verdienstvoll.

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