Wo sich Gregorianik und Indianerklänge nahekommen

23.10.2016, 19:28 Uhr
Wo sich Gregorianik und Indianerklänge nahekommen

© Foto: PR

Die Garderobe war dicht umlagert. Italienische Gäste versprachen fein getunte Rhetorik und dichte Expressivität. Nicht nur mit seinen am Opernfach geschulten Leittugenden überzeugte Marcello Mottadelli am Pult. Mit angenehm unspektakulärer Zeichensetzung und entsprechender Eleganz ging der sympathisch wirkende Gastdirigent zu Werk und zeigte wie nebenbei noch beispielhaft, was hinreichend bekannte Komponisten wie Respighi noch Entdeckenswertes für den Konzertsaal zu bieten hätten.

Massenets Reise-Eindrücke

Zunächst jedoch schöpft der Opernkenner aus der vitalen Motivik der „Scènes napolitaines“ des französischen Komponisten Jules Massenet, der mit seiner fünften Orchestersuite das pralle Leben auf den Straßen Neapels einfangen wollte. Entstanden war das dreisätzige folkloristische Feuerwerk wohl als Reise-Impression des Prix de Rome-Stipendiaten an der Villa Medici, während die Pariser Uraufführung anno 1876 fast zehn Jahre später stattfinden sollte. „La Danse“ lautet fast schon lapidar die erste Satzbezeichnung, hinter der sich eine rasant aufgezwirbelte Tarantella verbirgt. Feierliche Glockenschläge verweisen auf „La Procession et l'Improvisateur“ und den Motivteppich des farbenprächtigen Mittelsatzes, bevor das perkussiv geprägte Finale den fulminanten Schlusspunkt setzt.

Einen großen Wurf landete Mottadelli mit dem bislang kaum gespielten „Concerto Gregoriano“ für Violine und Orchester von Ottorino Respighi, dessen Symphonische Dichtung „Pini di Roma“ hingegen verankert ist im gängigen Repertoire.

Verblüffend aus heutiger Perspektive klingt zunächst, wie Respighis Rückbezug auf Kirchentonarten der Gregorianik gleich im ersten Satz im Verbund mit den archaischen Klangfarben der Holzbläser an einen ganz anderen Kulturraum nahtlos anschließt. Man fühlt sich an indianische Melodien und Klänge erinnert – und an den amerikanischen Komponisten Samuel Barber, dessen Violinkonzert aus dem Jahre 1939 erst 18 Jahre später entstand. Die motivischen Verästelungen und flüchtigen Atmosphären des Orchesterparts beantwortet Solist Edoardo Zosi im gleichen Wimpernschlag: Rhapsodisch und zugleich souverän.

Nacht- und Nebelbild

Bereits vor 100 Jahren verstarb der Oberpfälzer Max Reger in Leipzig, dessen Romantische Suite Opus 125 sich damit auch – hörbar im Scherzo - auf den jungen Mendelssohn-Bartholdy und dessen Sommernachtstraum erstreckt. Auf sakrale Bläserfanfaren ist dieses dreisätzige Nacht- und Nebelbild der Romantik gebettet – und wirkt wie verhangen mit dunklem Samt, bevor das grandiose Finale seinen gleißenden Lichtreflex in die Gegenwart entlässt.

Nächstes Symphonisches Konzert: 6. November, Martin Haselböck als Organist und Dirigent u.a. mit Bruckners 2. Symphonie und Liszts „Hunnenschlacht“. Karten: Tel. 09 11 / 4 74 01 54.

Keine Kommentare