Unterwegs . . . Schwungvolle Jubiläumsfeier mit Tschaikowsky

4.12.2016, 19:22 Uhr

Das Konzert begann eher kammermusikalisch. Das fünfköpfige Nürnberger Akkordeonensemble unter der Ägide von Marco Röttig folgte auf Nußknackers Spuren der vorweihnachtlichen Deutung, die Tschaikowsky der Erzählung aus der Feder von E.T.A. Hoffmann gab. Umrahmt wurde der Auftakt mit zwei Werken, die im Falle von Wladislaw Solotarjows „Sonata Nr. 2“ schwungvolle Emotionen hervorriefen, um in dem „U- Dance“ des Motion-Trios weltmusikalisch und in hoher Perfektion zu demonstrieren, wie ein Akkordeon bei entsprechendem Groove auch Dance-Floor-tauglich sein kann.

Das NAO unter der Leitung von Stefan Hippe rief im Anschluss biografische Stationen auf: Das beliebte „Capriccio Italien“ führte man in jener virtuosen Fassung vor, mit der vor 50 Jahren der Orchestergründer Willi Münch sein Nürnberger Orchester in den europäischen Meisterrang erhob. Und auch Münchs jahrzehntelanger musikalischer Weggefährte Herbert Bausewein blieb mit seinem Arrangement von Tschaikowskys Walzer aus dem Ballett „Schwanensee“ nicht unzitiert. Mit dem „Allegro molto vivace“ aus Tschaikovskys schicksalshafter letzter, 6. Symphonie führte man das Publikum schwungvoll und in Festtagslaune in die Pause.

Holger Berndsen war der Pianist, mit dem das NAO und die Kollegen des Akkordeonorchesters Nürnberg-Schwabach sich zum orchestralen Großapparat formierten, um Tschaikowskys „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1“ zu präsentieren. Vielleicht wird das vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnete Konzert mit diesem Arrangement aus der Hand von Stefan Hippe und seiner Frau Katja ein Eigenleben entwickeln, das sich auch für musikalische Rätselsendungen im Hörprogramm eignet. Was ist hier anders?

Puristen der symphonischen Musik bekreuzigen sich wahrscheinlich bei solchen Bearbeitungen, die hier umso drastischer ausfallen, weil der gewohnte, pointierte Flügelklang mit einer deutlich weicheren und in seiner Klangfülle eingeschränkteren Orchesterfarbe konfrontiert wird. Der Liebhaber des Harmonikainstruments wird allerdings selbstbewusst feststellen, dass nicht nur eine Wiedergabe der Originalpartitur in virtuoser Weise möglich ist, sondern es gerade der harmonikaspezifische Tonfall ist, der ganz eigene, erfrischende Hörweisen auf das bekannte Material eröffnet.

Den größten musikalischen Mut bewies man bereits am Nachmittag, als man an gleicher Stelle zur Accordeonnova 2016 lud. Gleich vier Uraufführungen waren bei diesem kostenfreien Konzert zu hören, die nicht nur Gastgeber Hippe und den Fürther Komponisten Werner Heider mit neuen Werken vorstellten, sondern auch einen Blick auf die extrem vitale Akkordeonszene in Osteuropa ermöglichten. Das NAO hat Zukunft – und mit Ian Watson „Clowns“ bewies man, dass man dafür auch über den notwendigen Humor verfügt.

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