Ein Schuss Optimismus

1.1.2017, 18:33 Uhr

Peter Tschaikowsky hielt seine fünfte Sinfonie für „misslungen“. Ob das daran liegt, dass er sie einem Musikkritiker widmete? Erst 1888 hatte der Komponist den Musikschriftsteller und einstigen Brahms-Intimus Theodor Avé-Lallemant in Hamburg kennengelernt. Und schon wenige Monate später feierte man an der Elbe die Uraufführung einer in ihrer packend-suggestiven Grundhaltung kompromisslos subjektiven Sinfonie.

Tarmo Vaask ging es keineswegs um eine radikale Neudeutung des beliebten Konzertstücks, sondern um die eminente Emotionsspannbreite, in der die vier Sätze angelegt sind. Entsprechend arbeitete der Dirigent die dynamische Wucht, das elegische melodische Geflecht und die — bei allem vollmundigen Aplomp — durchaus sentimentale Essenz heraus. Holz- und Blechbläser leisteten Großartiges und Paukist Roland Schmidt strukturierte den mächtigen Klangapparat mit bestechender perkussiver Präzision.

Hohe Intensität

Darauf mit Gustav Mahler zu antworten, machte Sinn. Das „Urlicht“ in der Urform aus der Liedsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ veröffentlichte er in seinen Hamburger Jahren. Der zentrale Satz „Ich bin von Gott und will wieder zu Gott“ umschreibt Weg und Ziel. Mezzosopranistin Rebecca Martin konturierte das Alt-Solo in würdevoller Schlichtheit und erreichte hohe Intensität. Auch 2016 ist die Erkenntnis „Der Mensch liegt in größter Not“ nicht widerlegt worden.

Da ist es mutig, diese bestürzende Weltsicht mit einem bedingungslos-emphatischen Gotteslob zu bekräftigen. Anton Bruckners „Te Deum“ gehört zu dessen populärsten Kompositionen überhaupt. Damit verlegte er die Kirche absichtsvoll in den Konzertsaal.

Großer Beifall

Die Sängerinnen und Sänger des Lehrergesangvereins kamen mit den oft irisierenden Harmonien und dem komplexen Chorsatz ausgezeichnet zurecht. Und verströmten so einen guten Schuss Optimismus, den jeder für die neue Wegstrecke gut gebrauchen kann. Unter den Solisten markierten Sopranistin Tajana Rai und Rebecca Martin ihren Part ausnehmend ansprechend.

Großer Beifall war der Dank für eine profilierte Aufführung in der übersichtlich gefüllten Meistersingerhalle. Lästig war nur die unsensible Husten- und Schnauferquote. Warum wird mit gezielter Treffsicherheit fast immer in Generalpausen und Pianissimi hineingeprustet? Kleiner Tipp: Ein Taschentuch wirkt da als Schalldämpfer oft Wunder. . .

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