Der Meister aller Schlagwerke

19.2.2017, 19:18 Uhr

Es ist schon phänomenal: Kaum sind die ersten Takte aus Aaron Coplands "Quiet city" erklungen, so ist die Herkunft und damit die Handschrift des amerikanischen Komponisten bereits unmissverständlich wahrnehmbar. Dass sich dieser Wiedererkennungswert in der zwischen Englischhorn und Trompete dialogisierenden Bühnenmusik in den folgenden zehn Minuten kaum weiterentwickelt, stört wenig: Nachtmusik eben. Ärgerlicher war da die Entscheidung, beide Bläser vom Äußersten, also vordersten Rang spielen zu lassen. Nur dem Mittelparkett blieb es vergönnt, beide Musiker in Aktion zu sehen.

Visuell stärker beeindruckte das Folgende: Die US-Komponistin Jennifer Higdon (Jahrgang 1962) gilt als eine der gefragtesten Autorinnen für neue Musik. Ihr Schlagzeugkonzert – so auch der offizielle Titel – gewann 2010 den Grammy als beste Komposition. Solche Vorschusslorbeeren stimmen neugierig. Zum wichtigsten Mann schwingt sich in dieser Aufführung natürlich der Schlagzeuger auf, der sich nicht nur als Mann für alle Felle, sondern auch als Meister der Malletinstrumente erweist.

Immer in Bewegung

Ob Marimbaphon, aus dessen tremolierenden Akkordfolgen das Stück ganz tranquillo an den Start ging, ob Xylophon, Vibraphon, großes Drumset oder Metallophon: Alexej Gerassimez, 2. Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs von 2014, ist auf jedem Schlagwerk zu Hause. Und zwischen allen auf Wanderschaft, wenn er im Konzertverlauf mehrfach quer über die gesamte Bühne das Instrument wechselt.

Schlagzeuger lieben die metrische Herausforderung am Instrument. Gerassimez, ein Schüler von Peter Sadlo, bewältigt sie alle, etwa das irrwitzige Zwischensolo am Vibraphon, das er mit einer atemberaubenden Schlagtechnik vorführt. Die Nürnberger Symphoniker füllen die orchestralen Spannungsbögen und Eruptionen der etwas gesichtslosen Komposition gut aus, begeistern jedoch dann am meisten, wenn Gerassimez vereint mit den hochmotivierten Schlagzeugkollegen der Symphoniker zu einem Zwischenspurt ansetzt. Solches Rhythmus-Spektakel gefällt und wird vom Künstler mit einer Zugabe erhört, die zeigt, was man alles mit einer kleinen Snare-Drum so anstellen kann – und das ist nicht wenig.

Nach so viel percussivem Taumel könnte Beethovens 3. Symphonie fast wie ein Rückfall in die Normalität wirken. Aber was ist bei Beethoven schon normal. Das traditionelle Menuetto des dritten Satzes vertreibt er mit einem Scherzo, das die Musikgeschichte umkrempelte. Und bereits im kolossalen Kopfsatz mit seinen 691 Takten konfigurierte er eine melodische Akkordbrechung in solch neuer Kunstfertigkeit, dass diese Symphonie nicht nur zu einer der populärsten wurde, sondern in ihrer Architektur auch zu den bahnbrechenden Werke gezählt wird.

Der in Cleveland, USA, geborene Gastdirigent Daniel Meyer gestaltet diese Symphonie auf eine hinreißende Art – facettenreich wie hintergründig in der Trauerbewegung des langsamen Satzes und mit dem richtigen Impuls und der Leidenschaft im Finale. Am Ende belohnte es das Publikum mit freundlichem Applaus, welcher nach dem Maßstab solcher Triumphmusik durchaus enthusiastischer hätte ausfallen dürfen.

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