Fürths Behindertenrat will Schranken einreißen

2.3.2009, 00:00 Uhr
Fürths Behindertenrat will Schranken einreißen

© Heinz Wraneschitz

Wenn Pit Metz Vorträge hält, dann betont er gerne Folgendes: Nicht nur Rollstuhlfahrer, so der Referent von der Deutschen Blindenstudienanstalt in Marburg, haben einen Nutzen, wenn man rollstuhlgerecht baut. Beispiel: Wären die Bahnsteige am Fürther Hauptbahnhof nicht nur über Treppen zu erreichen, wäre damit auch Eltern mit Kinderwagen geholfen und nicht zuletzt der stetig wachsenden Zahl an alten Menschen in unserer Gesellschaft.

Manchmal, weiß Metz, ist barrierefreies Bauen aber gar nicht so einfach - nämlich dann, wenn es um unterschiedliche Bedürfnisse geht. Für Rollstuhlfahrer sei beispielsweise wichtig, dass die Gehsteigkanten abgesenkt werden, Blinde hingegen brauchen eine Kante, um sich zu orientieren. Doch auch hier könne man Kompromisse erzielen.

Metz sprach als einer von drei Referenten bei einem Vortragsnachmittag, zu dem der Behindertenrat mit seinem Vorsitzenden Lothar Wüstner geladen hatte. Für Wüstner, der vor einigen Jahren vollständig erblindet ist, hat das Thema barrierefreies Bauen eine besondere Bedeutung, zumal es in Fürth reichlich Nachholbedarf gebe.

So mangele es beispielsweise an so genannten Leitlinien; hier sei bei der Neugestaltung der Fußgängerzone eine große Chance verpasst worden. Die Wasserrinne in der Mitte der Einkaufsmeile bezeichnet Wüstner als «Pseudo-Leitlinie», in deren Verlauf auch noch Bäume gepflanzt wurden. Eine echte Leitlinie ist ihm zufolge durch ein anderes Pflaster gekennzeichnet, das mit den Füßen fühlbar ist und mittels Markierungen darauf aufmerksam macht, wenn eine Seitenstraße abknickt.

Auch öffentliche Gebäude wie das Rathaus könnten laut Wüstner derartige Leitlinien vertragen. Im Rathaus macht Wüstner einen weiteren Mangel ausfindig: So verfüge der Aufzug über keine Sprachansage. Die Tasten sind zudem nicht «taktil», was für den Fachmann bedeutet, dass Sehbehinderte die Tasten nicht erfühlen können.

Stadtplan ertasten

Welche Möglichkeiten «taktile Medien» inzwischen bieten, veranschaulichte mit Sylvia Schwenger eine weitere Referentin aus Marburg. So können Landkarten, Wegweiser, Beschilderungen und Stadtpläne tastbar dargestellt werden, indem man Abbildungen dreidimensional in ein Relief überträgt und dadurch Formen, Höhen und unterschiedliche Strukturen entstehen. Und auch hier gilt: Von einem taktilen Wegweiser in einem öffentlichen Gebäude hätten nicht nur Blinde etwas. Sehbehinderten kommt die gute Kontrastierung entgegen. Und natürlich hilft der Plan auch allen Menschen weiter, die ihn sehen können und nicht erfühlen müssen.

Laut Wüstner will sich der Fürther Behindertenrat in Zukunft dafür stark machen, dass in Fürth mehr und mehr Barrieren verschwinden, «auch wenn wir nicht alles auf einmal anpacken können», wie er sagt. Beim Erweiterungsbau des Finanzamtes will man sich ebenso einbringen wie beim Bau des Einkaufszentrums «Neue Mitte» in der Innenstadt. Die Beispiele, wo sich etwas ändern müsste, sind laut Wüstner zahlreich: Den Hauptbahnhof, aber auch die Comödie Fürth und das Thermalbad nennt er exemplarisch. Zudem würden gesetzliche Bauvorgaben nicht immer eingehalten, wie der Vortrag der Architektin Maria Böhmer verdeutlichte. Und dann sind da noch die Schulen, die Wüstner zufolge zum Teil alles andere als barrierefrei sind.

Barrierefrei zu bauen müsse in den Köpfen der Menschen verankert werden. «Dann haben wir unser Ziel erreicht», sagt Wüstner, «und dann braucht man auch keinen Behindertenrat mehr.»