"Er hat klassische Musik sexy gemacht"

26.6.2017, 20:50 Uhr

© Foto: Symphoniker / Laura Karrlein

Es sei kein Konzert im eigentlichen Sinne, "vielmehr ein Get-together", kündigte Symphoniker-Intendant Lucius A. Hemmer den musikalischen Teil des Abends an. Wie alles vor zehn Jahren begann, als in einem kleinen englischen Städtchen ein "unendlich begabter junger Mann" dirigierte? Hemmer erzählt und fasst in Worte, was im Saal greifbar scheint: "Wir blicken auf nunmehr acht Jahre Shelley mit großer Freude, aber auch mit Wehmut zurück."

Da springt Shelley aufs Podium, legt der enthusiasmierten Menge aus Bernsteins "Candide" sowie Gershwins "Porgy & Bess" vor, beschwört Bilder an vergangene Klassik-Open-Airs herauf; garniert seine Begrüßung mit Scherzen, erzählt von seiner Woche, die selbst Kaffee nervös machen würde und macht klar: Er freue sich schon aufs Bier danach, mit Freunden, Kollegen, "mit Ihnen. Es bedeutet mir sehr viel, dass Sie da sind!"

Genießt das Publikum noch diese erste Charmeoffensive, wird den Ohren schon der nächste Gang serviert: Erik Schumann eröffnet den Reigen der musikalischen Grußworte mit dem 3. Satz aus Bruchs halsbrecherischem Violinkonzert Nr. 1 und frappiert im rasanten Duo mit seiner Schülerin Lara Boschkor (17). Wo ist der Tanzboden, fragt man sich bei Leroy Andersons tänzerischer "Serenata" und Borodins "Polowetzer Tänzen" – "dieses Orchester kann einfach alles!", lobt Shelley.

Acht Jahre voller Hörgenüsse: "Die Herzen der Menschen haben Sie im Flug gewonnen, eine Einheit zwischen Orchester und Publikum hergestellt und das Orchester zu großen Leistungen gebracht", verweist Herbert Coerper, Vorsitzender des Trägervereins, auf ausverkaufte Konzert-Säle. Auch Kulturreferentin Julia Lehner dankt. Um "das musikalische Profil der Stadt" habe sich Shelley verdient gemacht, "uns exquisit rund um die Welt vertreten. Und er hat klassische Musik ein wenig sexy gemacht, das sehen wir, glaube ich, alle so". Donnernder Applaus und Lachsalven, dazu noch ein "Tico-Tico", das Shelley nach dem Auftakt im Publikum genießt und die Bühne den Symphonikern überlässt. Standing Ovations – dann wird unterm Zeltdach, eingerahmt von lauschigem Grün, im Serenadenhof gefeiert.

Drei Food-Trucks und prickelnde Getränke, an Stehtischen plaudern, klangvollen Grüßen (John Davis; Thilo Wolf und Beatrice Kahl) lauschen und – fotografieren. Handys werden weitergereicht, Shelley auch, von einem (meist weiblichen) Arm in den anderen. Zwischendurch darf er auf die Bühne zu den Sponsoren (Sparkasse und BMW) oder zu den Werbefachleuten der humorvollen Plakatkampagnien. Katja Frobel, Assistentin des Intendanten, erinnert an für Shelley gewöhnungsbedürftige Fotoshootings mit Dürerperücke oder putzigen Hoppelhasen ("unsere jungen Hüpfer").

Dankbar sind auch die Gäste. Sebastian Brehm, Fraktionsvorsitzender der CSU im Stadtrat: "Shelley hat die Symphoniker stark gemacht und damit die ganze Region nach vorne gebracht." Roland Fleck, Geschäftsführer NürnbergMesse und Präsident der Freunde der Staatsoper Nürnberg: "Er macht sicher weltweit einen hervorragenden Weg. Es wäre toll, ihn in regelmäßigen Abständen wieder hier im Konzert zu hören!"

Günther Beckstein, Ministerpräsident a. D.: "Er hat geniales Künstlertum mit genialem Marketing verbunden, den Symphonikern Vitalität und Schwung gegeben. Ich bin sehr auf den Nachfolger gespannt, der den Mut haben muss, ein völlig anderer Typ zu sein." Eckhard Kierski, Betriebsrat Symphoniker: "Erstmals verabschieden wir einen Chefdirigenten mit einer öffentlichen Party. Es waren acht tolle Jahre, in denen es auf allen Ebenen voranging."

Und Shelley? Kommt nicht zur Ruhe. "Ich bin sehr auf das Gefühl am Ende des Klassik Open Airs gespannt; Trauer, Freude, Tränen? Für das Orchester wird es Zeit, dass es ein neues Kapitel aufschlägt." Er verschwindet in einer Traube von Musikern. Abschied feiern. Bis in den Morgen.

Keine Kommentare