Warum die VAG künftig auf Elektrobusse setzt

12.12.2017, 05:38 Uhr
Die Dieselbusse haben noch nicht ausgedient. Ab 2020 will die VAG aber keine weiteren mehr kaufen.

© Roland Fengler Die Dieselbusse haben noch nicht ausgedient. Ab 2020 will die VAG aber keine weiteren mehr kaufen.

NZ: Ab 2020 will die VAG nur noch Elektrobusse kaufen, 2030 soll dann über die Hälfte der Flotte elektrisch betrieben sein. Warum ist das der richtige Zeitpunkt für Sie, Herr Sievers?

Michael Sievers: Der Startpunkt ist nicht fix. Wir erwarten, dass Technik, Markt, Fördermittel und Wirtschaftlichkeit sich bis 2020 so entwickelt haben, dass es dann Sinn ergibt, richtig einzusteigen. Der Aufbau der Ladestationen wäre in kürzerer Zeit auch kaum möglich. Würden wir früher anfangen, müssten wir außerdem teure Prototypen und Kleinserienfahrzeuge mit noch nicht ausgereifter Technik kaufen.

NZ: Warum geht dann die Umstellung auf eine komplett elektrisch betriebene Flotte nicht schneller?

Sievers: Wenn ich noch schneller sein will, müsste ich Gas- oder Dieselbusse vor dem Ende ihrer Lebensdauer von bis zu 14 Jahren ausscheiden lassen und verkaufen. Das würde das Ganze natürlich noch teurer machen. Und nachhaltig ist es auch nicht.

NZ: Springt die VAG da auf einen politischen Trend auf? Sollte man nicht erst mal abwarten, ob der Elektroantrieb wirklich die Technologie der Zukunft ist?

Sievers: Wir preschen nicht voraus, sondern starten, wenn es aus unserer Sicht wirtschaftlich und technisch vertretbar ist. Wir diskutieren diese Strategie seit zwei Jahren im Vorstand, sind aber absichtlich nicht offensiv an die Öffentlichkeit gegangen. Wir haben jetzt erst mal nur einen Elektrobus-Prototyp bestellt. Wenn der nicht läuft, können wir die Fahrgäste trotzdem befördern. Wenn wir 15 auf einmal kaufen und die laufen nicht, sieht die Sache schon anders aus.

NZ: Komplett emissionsfrei ist ja der Elektroantrieb auch nur in der Stadt, oder? Was ist mit der Stromerzeugung, der Produktion und Entsorgung von Batterien?

Sievers: Wenn der Strom regenerativ erzeugt wird, bin ich emissionsfrei unterwegs, was die Antriebsenergie angeht. Wenn ich die gesamte Produktionskette betrachte, also auch die Herstellung des Fahrzeugs und aller Komponenten, dann verbraucht man natürlich Rohstoffe und Energie. Was die Batterietechnologie angeht, hat sich viel getan. Hinzu kommt: Auch ein Dieselantrieb muss produziert werden. Was grundsätzlich bleibt, ist der hohe Wirkungsgrad über 90 Prozent. Dadurch ist der Einsatz der Energieressourcen, die ich pro Kilometer benötige, immer deutlich niedriger als beim Verbrennungsmotor, bei dem der Wirkungsgrad bei unter 40 Prozent liegt.

NZ: Werden die Elektrobusse der VAG komplett mit regenerativ erzeugtem Strom geladen?

Sievers: Ja, das haben wir ja schon 2012 für U- und Straßenbahn eingeführt. Auch die Werkstätten laufen alle mit Ökostrom. Da ist es selbstverständlich, dass es auch beim Bus nicht anders sein darf.

NZ: Was passiert im Winter, wenn es kalt ist? Da wird ja noch mehr Akkuleistung benötigt. Ist dann die nötige Reichweite noch gewährleistet?

Sievers: Das ist eine berechtigte Frage. Ich brauche eine Kilowattstunde pro Kilometer rein für das Fahren. Wenn man den Bus bei zehn Grad minus rein elektrisch heizt, braucht man das Doppelte. Die Reichweite wird also halbiert. Wir müssen dann zwischenladen. Wenn wir einen höheren Anteil Elektrobusse haben, muss das Problem allerdings gelöst sein, sonst können wir nicht alle Fahrzeuge für den Linienbetrieb stellen.

NZ: Kann man die hohen Investitionskosten für Elektrobusse und die Infrastruktur wieder reinholen?

Sievers: Das Ziel muss sein, die Kosten durch die eingesparten Kraftstoffkosten auszugleichen. Strom als Kraftstoff ist günstiger als Diesel. Ob und wann es gelingt, ist die spannende Frage. Da gibt es aber noch viele Fragezeichen: Wie entwickeln sich die Fahrzeugkosten und der Strompreis in den nächsten Jahren? Wie stark ist der Markt dahinter? Wenn jeder Hersteller Elektrobusse liefern kann und ein Wettbewerb entsteht, sinken auch die Preise. Es ist ja nicht der Stadtbus-Markt alleine. Die Batterietechnologie wird für den Pkw entwickelt, und davon profitieren dann auch die Verkehrsbetriebe.

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