Ohne Job: Lehrer bangen in den Ferien um ihre Zukunft

19.7.2018, 16:00 Uhr
Ohne Job: Lehrer bangen in den Ferien um ihre Zukunft

Jürgen Wursthorn ist das Phänomen nicht unbekannt. In den Monaten von Mai bis August beobachtet der Sprecher der Fürther Agentur für Arbeit, dass sich vermehrt Lehrer arbeitslos melden. Knapp hundert waren es vergangenes Jahr in Fürth und im Landkreis. Heuer haben sich im Mai und Juni 21 Pädagogen an die Arbeitsagentur gewandt – die Zahl dürfte noch weiter steigen. Im September und Oktober dann, so zeigt es die Statistik, werden viele von ihnen wieder angestellt. Allerdings oft auch nur befristet, also wieder nur bis zum Ende des Schuljahrs.

Zweimal hintereinander ist eine solche Befristung, die an einen Grund geknüpft sein muss, möglich, danach muss eine Festanstellung her, weiß Claus Binder. Sowohl als Schulleiter der Mittelschule Soldnerstraße als auch als Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) kennt er das Problem, dass Lehrer während der Sommerferien auf der Straße stehen. Ein "Sparmodell" nennt er das, was der Staat da betreibt.

Doch seine Kritik geht weit darüber hinaus. Das Verfahren sorge dafür, dass betroffene Lehrer in andere Bundesländer abwandern oder sich umorientieren — was dazu führt, dass sich der eklatante Lehrermangel an Grund- und Mittelschulen verschärft. Privatschulen suchen nämlich schon jetzt Personal, während die staatlichen Schulen erst im Laufe der Sommerferien ihre Stellenangebote freischalten. Dann, wenn das Kultusministerium den genauen Bedarf an Stellen ermittelt- und den entsprechenden Schulen wieder mitgeteilt hat.

Seit einigen Jahren gibt es auch an der Soldnerschule Lehrer mit befristeten Verträgen. Derzeit sind zwei von Binders Kollegen betroffen. Eine Pädagogin, die ihr Examen in Hessen gemacht und sich nach Fürth beworben hat, vertritt seit Februar einen Lehrer, der in den Ruhestand gegangen ist. Ihr Vertrag läuft zum 27. Juli aus, also am letzten Schultag vor den Ferien. Danach hofft sie auf eine erneute Anstellung in Fürth — wohl wieder mit Befristung. Im Moment wartet sie darauf, dass das Ministerium die freien Stellen bekanntgibt und sie sich bewerben kann.

Fälle wie dieser lösen bei Ruth Brenner Kopfschütteln aus. "Wenn man Lehrer zum Schuljahresbeginn wieder anstellt, hätte man sie auch gleich behalten können", sagt die Bezirksgeschäftsführerin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) für Mittelfranken. Sie kritisiert die Befristungen und sieht in den betroffenen Pädagogen eine "Masse, die hin- und hergeschoben wird." Angesichts fehlender Lehrer an Grund- und Mittelschulen brauche man dies überhaupt nicht.

Wer bleibt, wer kommt?

Die GEW fordert deshalb: mehr Planstellen und feste Verträge für die mobilen Reserven, also jene Lehrer, die einspringen, wenn jemand ausfällt. Damit würde man den Lehrerberuf auch attraktiver für Studierende machen, denn: Wenn sich Berufsanfänger mit Ende 20 von einer Befristung zur nächsten hangeln, wird es mit der Familienplanung schwierig. Auch den Schulen ginge ein gewisses Maß an Planungssicherheit verloren, sagt Brenner, die an der Grund- und Mittelschule Pestalozzistraße unterrichtet. "Früher gab es einen festen Stamm an Lehrern an den Schulen, da wusste man schon im Juli, wer welche Klasse im neuen Schuljahr übernimmt."

Inzwischen sei die Besetzung freier Stellen viel schwieriger geworden, weil nicht feststeht, wer bleibt oder kommt. Das sei auch für die Kinder schlechter. "Wenn die Lehrer dauerhaft an einer Schule sind und sie und die Kinder sich kennen, wirkt sich das auch auf den erzieherischen und pädagogischen Bereich positiv aus."

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