Arbeitslose stoßen bei der Stadt auf taube

21.7.2007, 00:00 Uhr
Arbeitslose stoßen bei der Stadt auf taube

© Günter Distler

Vor dem Rathaus rockte die Harald-Schmidt-Band, und als die letzten Töne verklungen waren, schnappte sich einer der Demonstranten das Mikrofon und rief: «Und jetzt kommt alle mit in die Sitzung im Rathaus. Wir müssen gemeinsam zeigen, dass es so nicht weitergeht.»

Gemeint war damit die Situation der Arbeitslosengeld-II-Empfänger. «Viele dieser Menschen verelenden, weil der Regelsatz nicht zum Leben reicht», sagte Stephan Stadelbauer, der Sprecher des Sozialforums, der bereits im April einen Forderungskatalog an den Oberbürgermeister überreicht hatte (wir berichteten). Darin ging es um Zuschüsse und Vergünstigungen, die den Arbeitslosen mehr Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ermöglichen sollen.

Da sich zahlreiche Betroffene und Sympathisanten auf den Weg in den großen Sitzungssaal des Rathauses gemacht hatten, tagten die Politiker vor großer Kulisse, im Rücken Plakate wie: «Vergesst uns nicht, Gregor und Oskar freuen sich schon auf uns».

Für einige Vertreter der Wohlfahrtsverbände, die mit Rederecht an der Sitzung teilnahmen, gab es eine böse Überraschung. In den vergangenen Wochen hatte die Stadtverwaltung geprüft, welche der Forderungen des Sozialforums, die von vergünstigtem Eintritt in Theater und Kino bis zum Weihnachtsgeld für Kinder arbeitsloser Eltern reicht, umgesetzt werden könnten. Sechs Punkte waren damals zunächst stehen geblieben. Zu diesen hatten Diakonie und Caritas Stellung genommen. Gestern war in der Beschlussvorlage im Ausschuss aber nur noch von dreien die Rede. Den Grund erläuterte Richard Roth, bei der Stadt für Sozialplanung zuständig: Die Runde der Referenten mit Oberbürgermeister Thomas Jung hatte drei Punkte aus finanziellen Gründen kurzerhand gestrichen - unter anderem das Weihnachtsgeld für Kinder in

Höhe von 100 Euro und ein vergünstigtes VGN-Monatsticket für 18,10 Euro.

Papierchaos in der Sitzung

Die Folge: Papierchaos. In den Unterlagen, die den Stadträten vorlagen, begrüßte die Diakonie beispielsweise Punkte, die gar nicht mehr zum Gespräch standen. Sozialreferent Karl Scharinger regte daraufhin an, die Debatte auf September zu vertagen, um die Ergebnisse im so genannten Arbeitskreis Armut noch einmal zu besprechen. Die drei unstrittigen Punkte empfahl der Ausschuss aber schon mal dem Stadtrat zum Beschluss.

So sollen Kinder von Alg-II-Empfängern künftig einmalig 50 Euro für Schulmaterial wie Büchertasche oder Federmäppchen bekommen, wenn sie eingeschult werden (Kostenpunkt für die Stadt 8500 Euro). Mit weiteren 21 000 Euro Mehrausgaben rechnet die Kommune, weil sie in Zukunft Alg-II-Empfänger verstärkt darauf aufmerksam machen will, dass sie Anspruch auf kostenloses Schulmaterial für ihre Kinder haben. Bislang nutze aus Unkenntnis nur ein Bruchteil der Betroffenen dieses Angebot. 9000 Euro im Jahr kostet es die Stadt, wenn sie, wie geplant, auf elf Euro Gebühr verzichtet, die beim Beantragen einer Sozialwohnung fällig werden. Stephan Stadelbauer hofft, dass die restlichen Forderungen des Sozialforums im Herbst noch einmal zur Diskussion stehen. Mit dem bisher Erreichten ist er unzufrieden, spricht gar von einem Schlag ins Gesicht der Betroffenen. «Die Stadt nimmt alles in allem 39 000 Euro in die Hand. Das ist weniger, als der Brunnen an der Billinganlage jetzt plötzlich an

Mehrkosten verursacht.»