Bienensterben: Bayerische Regierung nimmt Volksbegehren an

3.4.2019, 19:02 Uhr
Söder und Aiwanger kündigten gewisse Klarstellungen an. Einige Dinge in dem Gesetzentwurf seien nicht realistisch, sagte Söder, etwa die zeitlichen Fristen für das Walzen von Wiesen.

© Jens Kalaene/dpa Söder und Aiwanger kündigten gewisse Klarstellungen an. Einige Dinge in dem Gesetzentwurf seien nicht realistisch, sagte Söder, etwa die zeitlichen Fristen für das Walzen von Wiesen.

Nichts weniger verkündeten Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), sein Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und die Fraktionschefs der Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern, Thomas Kreuzer und Florian Streibl, am Mittwochnachmittag in München. "Viele sind über ihren Schatten gesprungen", lobte Söder und meinte dabei wohl auch die eigene Fraktion, welche sein Konzept einstimmig gebilligt hatte. Nicht einstimmig, sondern nur mehrheitlich billigten die Freien Wähler den Plan, den Wortlaut des Volksbegehrens eins zu eins als Gesetz zu übernehmen. Damit entfällt ein Volksentscheid, bei dem das ganze Wahlvolk zu den Urnen hätte gerufen werden müssen.

Aus rechtlichen Gründen kann am Wortlaut des Volksbegehrens, das eine Reihe von Maßnahmen von nutzungsfreien Gewässerrandstreifen bis zur Verdreifachung der biologischen Landwirtschaft bis 2030 vorsieht, nichts geändert werden. Weil aber Vieles angeblich doch nicht so passt, dass es umgesetzt werden könnte, wird es im zweiten Schritt nach den "Annehmen" ein "Verbessern" geben, kündigte Söder an. In Begleitgesetzen werden verschiedene Inhalte des Volksbegehrens konkretisiert. Als dritten Schritt sieht die Artenschutz-Strategie der Staatsregierung das "Versöhnen" vor. In einem großen Paket, dessen jährliche Kosten Söder auf 70 bis 75 Millionen Euro bezifferte, sollen "mehr" Umwelt- und Artenschutz im Freistaat umgesetzt werden.

BBV machte den Weg frei

Den Weg frei gemacht hatte kürzlich der Bayerische Bauernverband (BBV), der sich durch das Volksbegehren "Rettet die Bienen" zu Unrecht an den Pranger gestellt sah. BBV-Präsident Walter Heidl bekannte sich zum Artenschutz, äußerte aber gleichzeitig Bedenken gegen einige Inhalte des Volksbegehrens wie das Verbot des Walzens von Wiesen nach dem 15. März, des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln auf Wiesen und Weiden und die Einstufung von Streuobstwiesen als Biotope. 80 bis 90 Prozent der Inhalte des Volksbegehrens, das nun Gesetz werden soll, seien "umsetzungsfähig", sagte Söder. Den Bedenken der Bauern will die Söder-Regierung jetzt offenbar auch durch finanzielle Anreize und Ausgleichszahlungen entgegenkommen. Für Landwirte, die mehr für den Artenschutz leisteten, werde es mehr Geld geben, kündigte Vizeregierungschef Aiwanger an.

Söder sprach von einer "gesamtgesellschaftlichen Aufgabe". Bayern werde in Sachen Artenschutz allen anderen Bundesländern nach Umsetzung der geplanten Gesetze weit voraus sein. Aiwanger vergleich das Volksbegehren mit einem "Kartoffelsack", der jetzt zu einem "Arbeitsanzug" umgearbeitet werden müsse. CSU-Fraktionschef Kreuzer betonte, dass am Wortlaut des Volksbehrens nichts geändert werden dürfe. Über die Begleitgesetze, welche die eine oder andere Schwäche oder mangelnde Konkretheit des Volksbegehrens ausbügeln sollen, werde in den nächsten Wochen diskutiert.

"Ein bisschen ulkig"

Die Initiatoren des Volksbegehrens zeigten sich hoch erfreut über die Entwicklung. Wenn Ministerpräsident Söder jetzt freilich so tue, als hätte er die Kraftanstrengung für den Artenschutz schon immer vorgehabt, sei dies "ein bisschen ulkig", sagte die Sprecherin des Volksbegehrens, die stellvertretende ÖDP-Landesvorsitzende Agnes Becker. Der Vorsitzende der Grünen im Landtag Ludwig Hartmann dankte den Bauern, die sich den Vorschlägen der Arten- und Naturschützer geöffnet hätten: "Das war letztlich wohl auch der Schlüssel, dass der Widerstand bei CSU und Freien Wählern gebrochen werden konnte".

Das Anfang des Jahres unter ungünstigen Witterungsbedingungen gestartete Volksbegehren "Rettet die Bienen" hatte mit einer Rekordbeteiligung die Regierungsparteien unter Zugzwang gesetzt. Mehr als 1,7 Millionen Menschen oder 18,3 Prozent aller Stimmberechtigten hatten es mit ihrer Unterschrift unterstützt. Notwendig gewesen wären nur zehn Prozent. Söder setzte daraufhin einen "Runden Tisch" unter der Leitung des früheren Landtagspräsidenten Alois Glück (CSU) und unter Einbindung des Bauernverbands ein, der Wege erkunden sollte, wie mit dem Ergebnis umzugehen sei. Der "Runde Tisch" habe schon viele gute Ideen produziert, welche in die "Versöhnungsgesetze" einfließen könnten, lobte Söder. Er soll seine Arbeit noch mindestens bis zum 12. April fortsetzen. Man könne auch darüber nachdenken, ob er zu einer Dauerinstitution gemacht werden sollte.

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