Schöne Jungfrau, freundliche Stadt

29.10.2007, 00:00 Uhr

Endspurt. Noch knapp zwei Monate, dann ist es vorbei mit der Feierei. Dann wird Fürth schlappe 1001 Jahre alt und kann sich zusammen mit Untertrubach, Hetzelsdorf und Wimmelbach - Orte, die auch alle auf der berühmten Stiftungsurkunde Kaiser Heinrichs stehen - überlegen, wie ein Leben nach der tausend aussehen soll.

Doch noch ist es nicht so weit. Noch stecken wir mittendrin im Feierreigen, hetzen von einem kulturellen Höhepunkt zum nächsten und wissen schon gar nicht mehr, wo uns der Kopf steht vor lauter Nullen hinter der eins. Da fällt es schwer, im Gewühl der Veranstaltungen ein Zeichen zu setzen und sich abzuheben. Mit dem Chorkonzert in der Altstadtkirche St. Michael, in der drei Fürther Chöre zum Stadtjubiläum aufsangen, ist dies gelungen.

Die wohltuende Zäsur in der Hektik der Feierstunden unter der Gesamtleitung von Walter Schwarz überzeugte dabei mit einem durchdachten Gesamtkonzept und harmonischen Stimmen. Eingefasst wurde das atmosphärisch dichte Konzert von kurzen historischen Abrissen zur Geschichte der Stadt Fürth, vorgetragen von der Kunsthistorikerin Verena Friedrich.

Leben, Liebe, Wein

Den Anfang der musikalischen Reise durch Jahrhunderte und Stilepochen machte die Chorgemeinschaft Alexander Friedrich, die mit Werken der Renaissance von Laurenz Lemlin bis Leonhard Lechner das Leben, die Liebe und den Wein besangen. Solide Dynamik und eine saubere Stimmführung in den oft schwierigen Taktwechseln zeichnete vor allem das Stück des Nürnberger Komponisten Hans Leo Hassler «Jungfrau, dein schön Gestalt» aus.

In ihrem zweiten Teil - Barock bis Klassik - widmete sich die Chorgemeinschaft dann vornehmlich der Lobpreisung Gottes. Mit Georg Friedrich Händel und Ludwig van Beethoven Beethoven nicht die schlechteste Wahl für den sehr gut besuchten Kirchenraum.

Nach einer weiteren Mini-Geschichtsstunde (in der nun schon von Fürth als Stadt 1. Klasse die Rede war, 1818 wurde dieses Prädikat verliehen) betrat der Gemischte Chor des Gesangsvereins Stadeln das Podium und zeigte gleich zu Beginn mit Felix Mendelssohn-Bartholdys «Jauchzet dem Herrn alle Welt» was ein gut austarierter, aufeinander abgestimmter Chor in dieser Größenordnung zu leisten vermag. 60 Damen und Herren, hoch konzentriert und in jeder Stimmlage ausgewogen besetzt, trugen beinahe mühelos in drei verschiedenen Sprachen und teilweise atemlosen Höhen ihr stimmiges Repertoire vor.

Der frei dirigierende Schwarz hat seine Ensembles dabei zu jeder Zeit im Griff, weiß mit den einzelnen Stimmen zu agieren und setzte mit drei Liebesliedern von Robert Edler einen enthusiastischen Schlusspunkt. Für kraftvoll nuancierten Ausdruck und exakte Stimmführung ernteten die Stadelner innigen Applaus.

Enttäuschender Text

Die letzte Sangesgemeinschaft des Abends startete ihren Gang durchs 20. Jahrhundert mit einer Uraufführung von Karsten Oppitz’ «Gott segne diese Stadt». Unter der Leitung von Eberhard Appel gab der Chor Musica Viva sein Bestes, um dem leider im Gegensatz zur Musik sehr enttäuschenden Text («Unsere Stadt ist liebenswert und freundlich») Leben einzuhauchen.

Rudolf Mauersbergers «Wie liegt die Stadt so wüst» war in diesem Schlussteil des Konzerts dann der Höhepunkt. Ein fantastisches pianissimo, eine unglaublich präzise Aussprache und ein ergreifender Vortrag machten hier noch einmal den großen Anspruch deutlich, den die Auswahl der Chorliteratur an alle drei Ensembles an diesem Abend stellte. Mit Bravour gemeistert und heftig beklatscht.

CHRISTINE STUBENVOLL