"Desaströse Fehlplanungen": Fürther Lehrer sind sauer

18.1.2020, 16:00 Uhr

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Ruth Brenner, Lehrerin und Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mittelfranken, warf Minister Michael Piazolo bei der Kundgebung "desaströse Fehlplanungen" vor, die nun an den Schulen ausgebadet werden müssten. Wie berichtet, fehlen 2020/2021 laut Piazolo bayernweit mindestens 1400 Lehrkräfte an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Zur Kompensation soll das vorhandene Personal ab Herbst mehr arbeiten. Heißt: Speziell an Grundschulen wird ein Arbeitszeitkonto eingeführt und die wöchentliche Arbeitszeit um eine auf 29 Stunden erhöht. Für alle drei Schultypen gilt: Das Mindeststundenkontingent für (nicht familienpolitische) Teilzeitarbeit wird angehoben – auf 23 Wochenstunden an Förder- und auf 24 an Grund- und Mittelschulen; ein vorgezogener Ruhestand ist erst mit 65 Jahren möglich (bisher: 64) und Sabbatjahre werden gestrichen.

Auch wenn der Minister beteuert, alle Maßnahmen seien vorübergehend und Grundschullehrern den späteren Ausgleich der Mehrarbeit verspricht: "Wir fühlen uns verheizt", klagte eine 52-Jährige am Rand der Kundgebung. Viele Menschen, auch im Ministerium, hätten "keine Ahnung, was wir leisten".

Man versuche ja nicht nur Inhalte zu vermitteln, sondern auch Kindern mit Handicap und Kindern mit Migrationshintergrund gerecht zu werden. "Das ist extrem mühsam", sagte die Frau, was Umstehende mit Nicken quittierten. Nach dem Unterricht fühle sie sich "oft total ausgelaugt, ich lieg’ dann erst mal auf dem Sofa und kann nicht mehr". Zur reinen Unterrichtszeit kämen aber ja nicht selten noch einmal so viele Stunden für Vor- und Nachbereitung.

Kollegen, die am Limit sind, nehme die Regierung nun fast jede Aussicht auf Entlastung, empörte sich Ruth Brenner. "Uns reicht’s", rief sie unter Applaus ins Mikrofon und wies darauf hin, dass bekannte Größen wie Geburtenraten, Ruhestandsversetzungen und Ausbildungskapazitäten in langfristige Planungen hätten einbezogen werden müssen.

Wie viel Verunsicherung Piazolos Maßnahmenpaket auslöst, zeigte sich am Beispiel einer Kundgebungsteilnehmerin, die in Kürze 64 wird. Sie habe ihren vorgezogenen Ruhestand vor längerem bewilligt bekommen, sagte die Frau, und sei schon in der Freistellungsphase. "Aber jetzt bin ich in großer Sorge, dass man mich zurückholen könnte."

Laut Brenner hieß es zuletzt aus München, in zwei bis drei Wochen gebe es detaillierte Informationen zu den geplanten Regelungen. Brenner rief dazu auf, diese Zeit zu nutzen, um Protestbriefe zu schreiben und auf die Straße zu gehen. Sie kündigte – noch ohne genaue Termine zu nennen – weitere Kundgebungen in Nürnberg und München an.

Die GEW fordert für Lehrkräfte an Grund-, Mittel- und Förderschulen neben einer Reduzierung der Arbeitszeit anstelle weiterer Belastungen auch dieselbe Einstiegsbesoldung, die bisher Berufsanfängern an Realschulen und Gymnasien zusteht, brutto macht das rund 500 Euro Unterschied im Monat. Sie verlangt für alle angehenden Lehrkräfte dasselbe Grundstudium und, zumindest vorübergehend, eine Reduzierung der Stundentafel. Einige Anwesende meinten denn auch, dass sich die Mehrarbeit, die man ihnen bald aufbrummt, leicht einsparen ließe. Denn: "Wozu brauchen Dritt- und Viertklässler drei Stunden Religion in der Woche?"

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