15. Oktober 1963: Sprungbrett für Hausfrauen in spe

15.10.2013, 07:00 Uhr
15. Oktober 1963: Sprungbrett für Hausfrauen in spe

© Slevogt

Wie wohl sie sich in dem hellen und ebenso modern wie zweckmäßig ausgestatteten Gebäude fühlen, bewiesen sie gestern einer großen Gästeschar, die zur Übergabefeier gekommen war. Damit unterstrichen die Schülerinnen auch die Tatsache, daß gerade dieser Lehranstalt ein weithin guter Ruf vorausgeht.

Die Schülerinnen der Höheren Frauenfachschule, des Kindergärtnerinnen-Seminars und der Kinderpflegerinnenschule, die sich in die alten und neuen Schulbauten mit der Haushaltungsschule, der Berufsschule für Hausgehilfinnen und hauswirtschaftliche Lehrlinge sowie der Sonderschule teilen, kommen nicht nur aus Nürnberg. Sie stammen aus allen Landkreisen Nordbayerns aus Orten südlich der Donau und sogar aus anderen Bundesländern.

15. Oktober 1963: Sprungbrett für Hausfrauen in spe

© Slevogt

„Alle wollen hier nicht nur die Grundlagen für eine sichere Haushaltsführung erlernen und die Vorstufe für einen hauswirtschaftlich-pflegerischen Beruf erwerben“, sagte die Direktorin der Berufsschule V, Annelies Eybl, „sie möchten auch diese Pflanzstätte menschlicher Tugenden nützen!“ Die Direktorin der Frauenfachschule, Anneliese Klose, dankte für die vollendete Synthese zwischen sachlicher Forderung und Schönheit bei dem Neubau, dem nur noch das I-Tüpfelchen fehle: die Turnhalle. Sie solle ja als Aula mitgenutzt werden.
Den Reden der Damen, die sich auch mit den elementaren Aufgaben der Frau in der heutigen Gesellschaft auseinandergesetzt hatten, um damit aller Kritik am vermeintlichen Aufwand für diesen langersehnten Erweiterungsbau zu begegnen, waren die Ansprachen zweier Herren vorausgegangen. Baureferent Stadtrat Heinz Schmeißner erinnerte an die alte, später teilweise zerstörte Schule von 1930, in die nach Kriegsende die Städtischen Werke eingezogen waren; er erklärte die komplizierte technische Einrichtung des Anbaues und die zeitliche Verzögerung durch Lohn- und Baukostenerhöhungen.

Immerhin sind mit diesem neuen Schultrakt innerhalb dieses Jahres 73 Klassenräume im Stadtgebiet zusätzlich entstanden; 46 und vier Turnhallen kämen heuer noch hinzu. Fünf Schulen, mit deren Bau 1963 begonnen wird, bringen weitere 63 Unterrichtszimmer.

Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter würdigte die „echte Kapitalanlage“ für die Jugend und stellte fest, „daß das Modernste gerade als gut genug“ bezeichnet werden könne, um die nachwachsene Generation in der harten Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit des Alltags sattelfest zu machen.
Nach reizvollen Proben aus dem musischen Unterricht dieser rein fraulichen Lehranstalt – Lieder im Treppenhaus und Volkstänze im intimen Innenhof – machten sich die Gäste treppauf-treppab auf den Besichtigungsweg. Alle miteinander staunten nicht wenig über die praktische und formschöne Ausstattung der acht Lehrküchen, Speisekammern, Näh-, Bügel- und Hausarbeitsräume, Waschküchen, Unterrichts- und Lehrerzimmer; man schaute und schaute – auch in die gläsernen Vitrinen in jedem Stock, die dekorativ kunstfertige Arbeiten zeigen –  und labte sich denn auch an kleinen Leckereien für den Gaumen.

Das dreigeschossige Gebäude, das fast 2,5 Millionen DM gekostet hat, vermag wahrhaftig alles zu bieten, was für einen fortschrittlich-zügigen Lehrbetrieb erforderlich ist. Der Dank des Rednerteams galt deshalb auch Architekt Dipl.-Ing. Karl Heinz Grün, der zusammen mit dem Hochbauamt für dieses Schmuckkästchen gesorgt hat.
Allerdings: „Atem“ haben bis zur Einweihung alle Beteiligten gebraucht, denn der erste Vorentwurf stammt vom Dezember 1958. Aber jetzt „steht“ die Schule.                 


 

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