Neuanfang mit einer Europazentrale

2.10.2007, 00:00 Uhr
Neuanfang mit einer Europazentrale

© Gerullis

Das Bürogebäude mit der Nummer 34 wurde schon für die Sanierung eingerüstet, und in den Hallen 12, 12a und 12b hat eine Abrissfirma mit ihrer Arbeit begonnen. Der Betonboden ist gelockert, die Gesteinsbrocken liegen zur Abfahrt bereit. Alle drei Hallen werden abgerissen, um Platz für Grünflächen zu bekommen. Es ist auch ein völlig neuer Zugang für die Europazentrale von Electrolux von der Fürther Straße aus geplant. Auf 20 000 Quadratmetern Nutzfläche sollen die derzeit auf dem AEG-Gelände verteilten Einheiten Forschung, Labor, Design, Marketing, Firmenarchiv und Administration zusammengefasst werden. Es wird einen großen Ausstellungsraum für die Produkte von Electrolux geben. Rund 750 Arbeitsplätze sollen so langfristig in Nürnberg gesichert werden. Für die neue Europazentrale wird ein Teil der architektonisch markanten Produktionsgebäude entlang der Fürther Straße umgebaut. Die Fassade bleibt aber erhalten.

«Wo andere Risiken sehen, erkennen wir Chancen», sagt Bertram Schultze von der Berliner Immobilien- und Beteiligungsfirma MIB. Der 38-jährige Immobilienbetriebswirt soll neue Nutzer für das ehemalige AEG-Areal finden. Am 14. März diesen Jahres lief die letzte Waschmaschine vom Band und Ende März hatten dann die letzten der rund 1700 in der Produktion Beschäftigten ihren Job verloren. Schultze schätzt, dass Sanierung und Neubauten der neuen Europazentrale bis Juli 2008 fertig sind. MIB hat das insgesamt 157 000 Quadratmeter große Gelände im Sommer von Electrolux gekauft. Im Gegenzug ist die schwedische Firma einen langjährigen Mietvertrag für ihre Europazentrale eingegangen.

Vorbild ist die Baumwollspinnerei in Leipzig

Wo noch vor wenigen Monaten Waschmaschinen vom Band rollten, herrscht heute Leere. Einige Arbeiter schrauben die letzten Maschinenteile, die noch an den Produktionsprozess von Küchengeräten erinnern, ab. Die Nutzfläche aller Hallen und Büros auf den nördlich und südlich gelegenen Teilen des AEG-Geländes beträgt 160 000 Quadratmeter. Ein Teil davon wird abgerissen, damit die Bebauung insgesamt lockerer wird. Einzelne Hallen stammen aus den zwanziger und dreißiger Jahren. Durch Anbauten und Umbauten wucherte das Gelände regelrecht zu. MIB will einzelne Teile freilegen und so auch ihre architektonische Qualität zeigen.

Schultze, der in Leipzig mit Ateliers und Künstlern der alten Baumwollspinnerei neues Leben eingehaucht hat, denkt in Nürnberg auf dem AEG-Gelände auch an eine neue Nutzung mit Künstlern. Ateliers könnten entstehen. «Auch ein Kulturladen ist uns willkommen.» Die Gespräche mit der Stadt seien allerdings erst in einer Anfangsphase. Im Juni hatte OB Ulrich Maly den Vorschlag für einen neuen Kulturladen im Westen der Stadt gemacht. In fünf Jahren, so die Pläne der Immobilienentwickler, soll die Reaktivierung zum größten Teil abgeschlossen sein. Es erleichtert Schultze die Arbeit, dass er aus Hersbruck stammt und Nürnberg kennt.

Der Immobilienbetriebswirt freut sich über die gute bauliche Substanz der Gebäude und ihre intelligente Planung. «Die Hallen sind hell und nicht zu hoch, auch nicht zu breit, das erleichtert die Nachnutzung.» Den wohl letzten funktionsfähigen Paternoster in Nürnberg möchte er unbedingt erhalten. Eine Mischnutzung wird angestrebt. Büros, Produktion, aber auch Logistik-Firmen können unterkommen. Schultze kann praktisch jede gewünschte Größe anbieten. Der 450 Meter lange Stacheldrahtzaun, der das AEG-Gelände von der Fürther Straße trennt, soll demnächst wegfallen. «Wir wollen uns öffnen», so Schultze.

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