Täter spielte sich als Helfer auf

22.2.2006, 00:00 Uhr
Täter spielte sich als Helfer auf

Zu Prozessbeginn verlas Verteidiger Harald Straßner eine kurze Erklärung. Sein Mandant gebe zu, die junge Frau vorsätzlich getötet zu haben. Er bitte die Eltern des Opfers um Verzeihung. Weitere Angaben werde er zur Sache nicht machen. Am Ende der Beweisaufnahme wolle er aber Fragen des Gerichts zu seiner Person beantworten.

Oberstaatsanwältin Petra Strohbach geht davon aus, dass Marco R. sein Opfer «zur Verdeckung einer Straftat“ tötete, um nämlich seinen vorangegangenen Versuch, Giuseppina in den Pegnitzauen zum Sex zu zwingen, zu vertuschen. Giusi, so ihr Spitzname, traf sich an jenem Abend ganz spontan mit Marco R., wie ihre Mutter, Ulrike di L., im Zeugenstand schilderte. Ihre Tochter sei abends nach der Arbeit noch einmal mit der U-Bahn nach Nürnberg gefahren, weil Marco R. mit ihr habe reden wollen. Dabei habe Giusi keinerlei Interesse an ihm gehabt, wohl aber an dessen Freund Marius.

Von diesem habe Giuseppina allerdings gewusst, dass er in festen Händen war. Daher seien die Gefühle ihrer Tochter für Marius zuletzt nur noch freundschaftlicher Natur gewesen, so die Mutter — spätestens seit einem Vorfall, als ihre Tochter einmal für ihren Schwarm Schnitzel mit Rahmsoße kochen wollte und mit den Zutaten vor seiner verschlossenen Tür stand. Als lieb und absolut zuverlässig seit Kindertagen, beschrieb die 42-jährige Arbeiterin ihre Tochter. Sie half der Mutter, den schwer kranken Vater zu pflegen, machte «mit Bravour ihren Sonderschulabschluss“ und erlernte dann den Kochberuf, den sie «mit Liebe“ ausübte.

«Sie schämte sich nicht, mich Mama zu nennen, wenn wir zusammen in die Disko gingen“, erinnerte sich die Mutter vor Gericht. Am Tatabend habe ihr die Tochter mehrere SMS geschrieben: dass sie mit Marco R. noch spazieren gehe und mit ihm über Marius reden würde. Später dann schrieb sie, dass sie gleich nach Hause komme. Doch Giusi kam nicht. Die Mutter rief daraufhin Marco R. an, der glatt behauptete, er habe Giuseppina gar nicht getroffen, sondern umsonst auf sie gewartet. Er werde aber helfen, sie zu suchen. Auch gegenüber der Polizei spielte sich der 33-Jährige als Helfer auf. Nach 23 Uhr, als Giusi schon tot war, so wurde später ermittelt, schrieb Marco R. im Chatroom noch eine E-Mail an die 21-Jährige: «Hallo Giusi, warum bist du nicht zum Treffen gekommen?“

Die Beamten stellten schnell fest, dass Giuseppina sehr wohl am U-Bahnhof Bärenschanze angekommen war. Das belegen Videoaufnahmen der VAG. Zunächst ging die Polizei davon aus, dass sie möglicherweise in der Pension, in der R. damals lebte, festgehalten werde. Von einer dort anwesenden Sozialpädagogin erfuhren die Beamten sodann, dass der Mann wegen Sexualdelikten vorbestraft ist.

So wurde für die Beamten der hilfsbereite Zeuge schnell zum Beschuldigten. Am 3. Mai 2004 fand man Giusis Leiche in der Pegnitz. Ihre Mutter hatte derweil geträumt, dass ihre geliebte Tochter tot ist und im Wasser liegt. Das schilderte sie gestern dem Schwurgericht. Der Prozess wird fortgesetzt. Susanne Stemmler

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