Birmingham gewöhnt sich an Touristen

26.8.2017, 08:00 Uhr
Kneipen am alten Kanal in Birmingham.

© Stefan Mößler-Rademacher Kneipen am alten Kanal in Birmingham.

"Ja, Birmingham ist eine Stadt der Architekten." Mit dieser Aussage kann sich Alan Griffiths gut anfreunden. Der Mittsiebziger, bis zur Rente selbst Architekt, hat sichtlich seinen Spaß daran, die Kontraste im Erscheinungsbild der Metropole Mittelenglands aufzuzeigen. Noch mehr ins Schwärmen kommt er eigentlich nur, wenn er im Birmingham Museum die Werke der Präraffaeliten aus dem 19. Jahrhundert zeigt. "Die einzige Kunstströmung, die Birmingham jemals hervorgebracht hat", sagt Griffiths schmunzelnd.

Spätestens seit Kriegsende ist Birmingham zum Spielplatz der staatlichen Konjunktur-Programme und Investoren geworden. Mit unterschiedlichen Auswirkungen aufs Stadtbild. Mal gibt es hier den in Beton gegossenen "Brutalismus" der 1960er und 1970er Jahre zu bestaunen, dann wieder spektakuläre Projekte, die in den vergangenen Jahren in Großbritannien Maßstäbe gesetzt haben.

Die Kampagne "Global city with a local heart" soll der zweitgrößten Stadt Englands bis zum Jahr 2026 Glanz verleihen. Noch zieht sich eine Mega-Baustelle mitten durch die Innenstadt, doch sind bereits erste Hingucker zu bestaunen. Dennoch staunt der Zapfer am Bierhahn im Pub nach wie vor, wenn er hört, dass hier tatsächlich Deutsche in die Stadt gekommen sind, weil sie sich für die Sehenswürdigkeiten interessieren. "Sicher, dass ihr nicht nach London wollt?" Dann redet er lieber über den bevorstehenden EU-Austritt und die Ängste der Menschen davor. Ein Thema, dass einen überall mit den Einheimischen ins Gespräch bringt.

Doch Birmingham baut am neuen Image: Die Fertigstellung des Bibliotheksgebäudes war dabei ein wichtiger Meilenstein. Die Architektur spielt mit dem Motiv des Kreises und verweist auf die industrielle Vergangenheit der Stadt und deren Juweliertradition. Der Weg im Inneren per Rolltreppen durch die Rotunde der größten Bibliothek Europas mit ihren Aussichtsterrassen und dem Shakespeare-Gedächtnisraum beeindruckt.

Von den Terrassen blickt man auf spektakuläre Gebäude wie "The Cube" mit einer facettenreichen Fassade voller lebhafter Spiegelungen. Oder auf den neuen Hauptbahnhof, dessen Hülle ein wenig ans Guggenheim-Museum in Bilbao erinnert.

Auch der gewaltige Einkaufskomplex Bullring mit seinen über 160 Geschäften lohnt den genaueren Blick. Die beiden verbundenen Gebäudeteile befinden sich an einem Hügel oberhalb der Kirche Saint Martin. Dort trifft dann die mit tausenden, leicht konvexen Aluminiumplatten bestückte Außenhaut auf die im 19. Jahrhundert rekonstruierte mittelalterliche Kirche.

Birmingham ist nicht nur ein wichtiges Handelszentrum, sondern auch ein Shopping-Magnet für Mittelengland. Hinzu kommen kulturelle Highlights, wie das Symphony Orchestra mit seiner Konzerthalle, einem vielbestaunten Akustik-Wunder. Pop-Konzerte können in Hallen aller Größe mitverfolgt werden. Stolz verweist man auf Bands, die von hier stammen: Black Sabbath und das Electric Light Orchestra tauchen auf den Listen ebenso auf wie Duran Duran, The Streets oder UB 40.

Ohnehin ist Birmingham an den Wochenenden eine Party-Stadt. Am Eingang zum Hotel "Jury’s Inn" sorgen am Freitagabend Türsteher dafür, dass sich kein Nachtschwärmer ins Foyer verirrt. Denn draußen tobt das Leben in Nachtclubs und Diskotheken. Ein bisschen Ballermann mit rausgeputzten Engländerinnen im Minirock. Gleich ums Eck geht es ruhiger zu. Am Birmingham Canal liegen die netten Pubs direkt am Wasser und edle Lokale gibt es beim markanten "The Cube" und "The Mailbox". Bodenständig wird es in Chinatown in Restaurants wie "Chung Ying Cantonese" oder ein paar Meter weiter in der "Bodega Cantina" bei südamerikanischem Streetfood zu.

Birmingham ist traditionell ein Schmelztiegel. Das spiegelt sich nicht nur in der Restaurant-Szene wider. Fünfzehn Minuten Fußmarsch weiter der nächste Hotspot: Im coolen "The Victoria" legt ein HipHop-DJ auf, bei "BrewDog" wird das dunkle "Zeitgeist"-Bier der schottischen Kette über den Tresen gereicht, und in der O2 Academy tanzen hunderte Studenten zu Brit-Pop-Hits aus den 1990er Jahren. Die Stadt ist aber auch ein idealer Ausgangspunkt, um England zu erkunden. Der Zug braucht nur 40 Minuten nach Warwick. Das dortige Castle gehört zu den schönsten der Insel und bietet Action von Greifvogel-Shows bis zur Gruseltour in den Katakomben. Motto: "Angst ist eine lustige Angelegenheit."

Ebenso schnell zu erreichen: der Shakespeare-Gedächtnis-Ort Stratford-upon-Avon. Und auch Wohnboote für Touren durchs Kanalsystem können in Birmingham gebucht werden. Wer jetzt wie der Barkeeper im Pub immer noch nicht findet, dass Birmingham eine Stadt für Touristen sei: In eineinhalb Stunden ist man per Zug in London oder in Manchester.

Mehr Informationen:

www.visitbirmingham.com/de/

www.flybmi.com

Beide haben diese Reise unterstützt.

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