Emanzipierte Kämpferinnen als Vorbild

9.12.2014, 19:44 Uhr
Emanzipierte Kämpferinnen als Vorbild

© Foto: Isabel Krieger

Sie war eine ungewöhnliche Frau, die 1492 geborene Argula von Grumbach, eine Hochadelige aus Beratzhausen in der Nähe von Regensburg. Eine Stiftung verwaltet seit vielen Jahren das gedankliche Erbe der engagierten Reformatorin und Publizistin, die zu den auflagenstärksten Flugblattschreiberinnen ihrer Zeit zählte.

Inspiriert von Luther und seinen Thesen, setzte sich die vierfache Mutter nicht nur für die Verbreitung von dessen Lehre ein, sondern formulierte auch eigene Denkansätze. Damit praktizierte und forderte Argula von Grumbach schon damals, was man heute „Gleichstellung“ nennt: nämlich, dass Frauen ihre Stimme genauso erheben dürfen wie Männer.

„Glaubensstark und selbstbewusst“, nennt Andrea König, Leiterin der Fachstelle für Frauenarbeit im FrauenWerk Stein (Landkreis Fürth), Argula von Grumbach. Forderte die gebildete Laiin 1523 doch sogar die Universität Ingolstadt zum öffentlichen Disput heraus, nachdem die Verbreitung der lutherischen Lehre dort untersagt worden war.

„Man muss sich einmal vorstellen, was das damals für eine Frau bedeutete“, sagt König. „Es war ein Affront“. Aus diesem Grunde liegt auf der Oberpfälzerin, die sich zeitlebens wegen ihres Glaubens gegen Widerstände durchsetzen musste, auch ein besonderer Fokus der Ausstellung, die als Leihgabe der Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland zum ersten Mal in Bayern zu sehen ist.

Auf 19 Tafeln zeigt die Schau im Tagungshaus des FrauenWerks das Leben und Wirken von zwölf deutschen Reformatorinnen, die exemplarisch für das Engagement der Frauen im 16. Jahrhundert stehen. Sechs weitere Tafeln setzen sich mit der Lage der Frauen während der Reformation, mit Themen wie Bildung, Ehe und Glaube auseinander.

Anna Gräfin von Mansfeld, Catharina von Stolberg und Ursula Weyda gehören zu den Porträtierten. Wie viele andere Frauen ihrer Zeit standen sie entweder im Schatten ihrer Männer oder fanden als ehelose Frauen keine gesellschaftliche Anerkennung.

Dass viele von ihnen dennoch öffentlich für ihre Belange und ihren Glauben kämpften, macht sie für Fachreferentin Ulrike Knörlein bis heute zu Vorbildern: „Wenn man sich mit den Frauen beschäftigt, sieht man erst, was sie geleistet haben“. Ob die Flucht aus dem Kloster — damals für unverheiratete Frauen der einzig sichere Ort — oder der Gang vors Schiedsgericht, etliche der Reformatorinnen waren mutige und emanzipierte Kämpferinnen für ihre Sache.

Isolde Heine-Wirkner, Vorsitzende des FrauenWerks in Stein, ist überzeugt, dass es auch heute noch nötig ist, für die eigene Sache zu kämpfen. „Die Belastungen in Familie und Beruf liegen noch immer vor allem auf den Frauen“, sagt die geschäftsführende Vorsitzende. Daran seien diese nicht unschuldig.

„Raus aus der Komfortzone!“

„Sie müssen raus aus der Komfortzone, sonst verändert sich nichts“. Ein Prozess, den man anstoßen und begleiten muss, darauf legen auch die Kurangebote des FrauenWerks einen gewichtigen Schwerpunkt. Nicht nur körperliche Erholung, sondern vor allem seelische Stabilisierung und Wegweisung stehen bei den Aufenthalten im Zentrum.

Auch das FrauenWerk in Stein selbst als zentrale Einrichtung der Evangelischen Landeskirche Bayern kümmert sich mit dem ebenfalls dort angesiedelten Familienbildungsstätten in Nürnberg und München um das Wohl von Frauen und Familien. Ein breites Fortbildungsangebot, das Frauen über Kirche und Glauben hinaus einen Rahmen zur persönlichen Entwicklung bieten soll, hat das fünfköpfige Team der Fachstelle für Frauenarbeit für das kommende Jahr entwickelt. Darin beschäftigen sich die Fachfrauen nicht nur mit Themen des christlichen Alltags. Auch Vernetzung, Zeitmanagement und Gleichstellung stehen auf der Agenda.

Ganz bewusst wolle man Position beziehen und notfalls auch mal unbequem sein, sagt Andrea König. „Wir wollen, dass Frauen ihren Standpunkt auch einmal verlassen“. So formulierte das FrauenWerk gerade erst eine Stellungnahme zum Social Freezing. Sie soll klarmachen, dass solche Angebote kein Zugewinn an weiblicher Selbstbestimmung, sondern ein Rückschritt sind. „Wir arbeiten daran, als Stimme wahrgenommen zu werden“, sagt König.

Nähere Infos unter www.frauenwerk-stein.de

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