Ausleger (Wirtshausschilder) in der Sebalder Altstadt

15.10.2009, 00:00 Uhr
Ausleger (Wirtshausschilder)  in der  Sebalder Altstadt

Schon in der Antike, bei Griechen und Römern waren Schilder bekannt, die Tavernen, Schänken und Herbergen auswiesen, und seit der Zeit Karls des Großen sind sogenannte «Straußwirtschaften» bekannt. Kennzeichen für diese Lokale war ein Strauß oder ein geflochtener Kranz aus frischem Grün, angebracht mit einer Stange an einer Hauswand als Zeichen, dass hier der Winzer zu festgelegten Zeiten seinen eigenen Wein ausschenken darf. Vor allem in Weingegenden wie in Mainfranken sind solche «Ausleger» verbreitet.

Die ersten Ausleger mit Tragarmen und Stützen kamen im 15. Jahrhundert auf. Als Symbole dienten zum Beispiel Tiere, Pflanzen, Himmelskörper, Heiligenfiguren, Begriffe aus dem Brau - und Schankwesen. Es entstanden oft sehr kunstvoll und fantasiereich gestaltete Ausleger, die heute wieder Häuser in Nürnberg schmücken. Auch Handwerker benutzten solche bemalten Schilder aus Holz oder Schmiedeeisen, um auf sich aufmerksam zu machen. Diese Ausleger waren meist kleiner und weniger aufwendig gearbeitet. Stellvertretend für viele verlorene Alt-Nürnberger Wirtshausschilder gelangten durch private Initiative und durch die Altstadtfreunde einige sehr schöne Ausleger wieder in das heutige Stadtbild. Ermöglicht wurde dies seit 1988 durch eine größere Spende von Karl Diehl.

Wir beginnen unseren Spaziergang am Wolff’schen Bau des Rathauses. Hier hängt der reich verzierte Wirtshausausleger der ehemaligen Ratsstuben, frisch renoviert, mit einem neuen Schild versehen: «Zum Spießgesellen». Darüber zieren noch die drei Nürnberger Stadtwappen den exponierten Ort des Auslegers. Bergauf, neben der Kugelapotheke, finden wir ein hübsches kleines Modell, versehen mit einem Zinnsoldaten in einem Papierschiffchen, er weist uns auf den Zinnfigurenladen von Claudia Hofmann hin. Der Ausleger wurde von den Altstadtfreunden erworben und vor zehn Jahren von dem Ehepaar Hofmann selbst in dieser Form gestaltet.

Wenn wir in die Burgstraße hinaufschauen, erkennt man oben am Fembohaus einen schönen, kleinen Ausleger mit zeitlosen Rundformen und einem mit figürlichen Motiven besonders reich umrahmten Schild. Der Ausleger wurde 1986 renoviert und als Dauerleihgabe am Haus Burgstraße 11 angebracht. In dieser Form ist er recht typisch für die Gegend um Nürnberg.

Wir wenden uns vor dem Haus Eckstein einige Schritte nach links Richtung Halbwachsengäßchen und sind immer noch am Rathausplatz Nr.7, die Nummerierung rund ums Rathaus sei doch recht «koberneggisch», findet die Ladeninhaberin des kleinen Schmucklädchens mit dem hübschen, wohl nicht sehr alten Ausleger. Die Altstadtfreunde haben diesen schwungvollen Wegweiser hier am Haus angebracht. Vor zehn Jahren passte er mit seinen wogenden Schwingungen zum damaligen Klanghaus, heute verlockt er, die Unikate im Schmuckladen zu bewundern.

Nur wenige Schritte weiter, in der Glöckleinsgasse 2, weist ein auffallend prächtiger Ausleger auf das Gasthaus «Zum Goldenen Posthorn» hin. Er wurde vor etwa 30 Jahren von den Altstadtfreunden im Rothenburger Antiquitätenhandel erworben und der Patrizierbräu zum Selbstkostenpreis überlassen. Dort wurde der Ausleger restauriert, gestrichen beziehungsweise vergoldet, im Hängeschild mit einem Horn (statt des bisherigen Baumes) versehen und verabredungsgemäß im März 1980 am «Goldenen Posthorn» angebracht. In einer Kartusche ist noch die Jahreszahl 1797 zu erkennen, und besonders auffallend sind die reichen figürlichen Darstellungen.

Nun bringen wir einen kleinen Anstieg zur Bergstraße 19 hinter uns, bevor wir das nächste Kunstwerk sehen. Am «Bräustübla» im Altstadthof wurde 1993 ein richtig großes Wirtshausschild angebracht; es wurde im Stuttgarter Antiquitätenhandel erworben und nach aufwendiger Restaurierung als Dauerleihgabe an diesem Haus angebracht.

Zwei Häuser weiter, am Haus Bergstraße 23, weist ein kleiner Ausleger mit Schere, Nadel, Faden und Winkel auf eine Schneiderin hin, die im Hinterhaus des Anwesens ihr Atelier hat. Durch den Altstadthof gehen wir hinunter zur Albrecht-Dürer-Straße. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, Nr.13, hängt seit 1996 ein schöner neuer Ausleger und weist auf das Scherenschnittstudio von Karin Dütz hin. Sie hat ihn selbst entworfen und herstellen lassen.

Das Restaurant «Albrecht Dürer Stube» in der Albrecht-Dürer-Straße 6 ziert ein besonders schöner Ausleger, den Hildegard Höllerzeder, die Mutter des heutigen Inhabers, 1985 von der Lederer-Bräu zu ihrer Meisterprüfung als Geschenk bekam. Ein Blickfang in der ums Eck gelegenen Lammsgasse 3 ist der reich und kunstvoll gestaltete Ausleger am Burghotel.

Das nächste große Exemplar in der Lammsgasse14 wurde von den Altstadtfreunden in Würzburg erworben und den Hausbesitzern als Dauerleihgabe überlassen. Es wurde 1983 von der Genossenschaft der Bau– und Kunstschlosser restauriert, das verrostete Lamm neu angefertigt und wieder farbig gefasst. Heute befindet sich hier kein gastronomischer Betrieb mehr, und der Ausleger an dem Wohnhaus dient nur noch als historisches Erinnerungszeichen für den ehemaligen Gasthof «Zum Lamm», unterstützt durch eine Wandinschrift.

Wir gehen wieder zurück und an der Albrecht-Dürer-Straße die Treppen hinunter. Gleich rechts am Haus fällt der große Ausleger mit der dazugehörigen Inschrift auf. Das hübsche, in Empireformen gehaltene, ziemlich rostige Stück wurde in Rothenburg aufgestöbert. Die Schlosserei Arnold hat es gründlich restauriert, das ehemals weiße Pferd wurde, dem Namen des Gasthofs «Rotes Ross» entsprechend, rot gefasst. 1990 wurden Wandinschrift und Ausleger als Dauerleihgabe am Haus angebracht. Inzwischen ist das rote Pferd durch die Sonne wieder hell geworden.

Beim Gang durch die Weißgerbergasse fallen mehrere kleine Ausleger auf, die auf Handwerker hinweisen. An der Pegnitz endet der erste Teil der Entdeckungen auf der Sebalder Seite.

Fortsetzung in der morgigen Ausgabe

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