Das gemeinsame Atmen hält im Takt

10.3.2010, 00:00 Uhr
Das gemeinsame Atmen hält im Takt

© Sippel

Am Samstag, 13. März, wird Bachs Johannes-Passion vom Ensemble Belcanto Nürnberg in der Citykirche gesungen und gespielt. Das heißt, die rund 40 Sängerinnen und Sänger des Chores stehen nicht, wie üblich gemeinsam auf einem Platz, sondern agieren, im wahrsten Sinne des Wortes, einer »Choreographie» folgend, im gesamten Kirchenschiff. So soll das Publikum in die Handlung hineingezogen und fiktiv zu einem Teil der Turbae, der sich widerstreitenden Masse – der Jünger, Juden, Soldaten – werden. Ausgedacht hat sich diesen dramaturgischen Kunstgriff die künstlerische Leiterin des Laienchores, Antje Langnickel. 2006 hat sie den Laienchor »Ensemble Belcanto Nürnberg» gegründet. Für die Chormitglieder ist diese Konzertform, die die Kluft zwischen Hörern und Ausführenden aufhebt, eine echte Herausforderung. Sie müssen sich zwischen den Kirchenbänken auf einem vorgegebenen Kurs bewegen und singen – von ihren jeweiligen Stimmlagen räumlich weit entfernt, aber hautnah am Ohr der Zuhörer. Damit nicht genug, können die Sängerinnen und Sänger auch die Dirigentin teilweise nicht sehen.

Beider Arbeit erleichtert eine einheitliche Atemtechnik. »Andernfalls müsste sich der Dirigent da vorne abrackern, damit der Chor nicht zu schleppen anfängt und immer langsamer wird», sagt Antje Langnickel. Bachs mächtige wortgebundene Musik ist voll emotionaler Dynamik, und genauso will sie vorgetragen werden – klar, kompakt und mit rhythmischer Schärfe.

Bei der Kirchenmusikerin, Gesangspädagogin und integrativen Stimmtrainerin zieht sich die Stimmbildung jeweils durch die ganze Probe und immer im Hinblick auf das gesamte Werk. Dabei prassele auf die Chorsänger viel ein: Stress für den Körper. Um dem entgegenzuwirken, arbeitet die Chorleiterin sowohl im Einzelunterricht als auch im Chor nach den Prinzipien der ganzheitlichen Stimmbildung. »Das impliziert ein Menschenbild der Wertschätzung», sagt sie.

Dabei wird die Stimme als Ausdruck alles dessen gesehen, was die Persönlichkeit des Menschen ausmacht, sein Denken, Fühlen und seine Art und Weise, wie er sein Leben gestaltet. Das setzt ein breites Wissen über psychologische Zusammenhänge voraus – neben den für Stimmbildner unabdingbaren umfassenden anatomischen Kenntnissen. »Wenn eine Übung einfach nicht funktionieren will, dann muss genau analysiert werden, woran es liegt», sagt die Stimmtrainerin.

Beispielsweise könne ein »Kontrollfreak» unbewusst in einer bestimmten Situation eine Barriere aufbauen, weil er in seinem tiefsten Inneren befürchtet, nicht mehr Herr der Lage zu sein. Hier nach Schema F einfach weiterzumachen, führe zu nichts. Stattdessen gelte es, im Gespräch mit dem Sänger psychische Blockaden zu erkennen und zu berücksichtigen und im Sinne des Stimmtrainings Lösungen zu erarbeiten.

Der Einstieg in die Stimmbildung ist bei Jungnickel zunächst aber körperorientiert. Erklärt wird, wie die jeweilige Übung gemacht wird, wie sie wirkt und wie es sich anfühlt, wenn sie richtig gemacht wird. Ziel der integrativen Stimmtrainerin ist es, die Entfaltung der Singstimme umfassend zu unterstützten, auf dass sie Leichtigkeit gewinnt und einen zunehmend schöneren Klang. »Wann immer sich eine Stimme öffnet, bin ich gerührt», bekennt Langnickel mit versonnenem Lächeln.

Konzert am 13. März, um 20.30 Uhr in der Citykirche St. Klara und am 14. März um 19.30 Uhr in der Hugenottenkirche in Erlangen. Weitere Informationenfinden sich im Internet unter www.stimme-nuernberg.de

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