Familie ist wichtig – Beruf auch

20.4.2011, 17:56 Uhr
Familie ist wichtig – Beruf auch

© Hofmann

„Mein Mann und ich sind nahezu nie einer Meinung“, sagt Ingrid Hofmann und lacht. Kaum zu glauben, denn die Ehe funktioniert seit 26 Jahren und das, obwohl Bernd Heinrich seit 1991 in der Firma seiner Frau für Einkauf und Arbeitssicherheit zuständig ist. Ingrid Hofmann ist alleinige geschäftsführende Gesellschafterin der I. K. Hofmann GmbH, die zu den zehn größten Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland gehört.

Einen Punkt allerdings gibt es, in dem sich die Hofmanns immer einig waren: in der Erziehung ihrer Tochter. Mit Erfolg, sind sie sicher. Sonja, inzwischen 22 Jahre alt, studiert in London und genießt gerade ihr zweites Auslandssemester im spanischen San Sebastian – immer mit Blick und regelmäßigem Kontakt nach Hause. Derweil pflegt die Mama das Meerschweinchen der Tochter. Sie hat es aus Großbritannien mitgebracht, deshalb wird es nur kurz „der Engländer“ genannt.

„Familie ist wichtig“, so Hofmann, „der Beruf aber auch. Wenn alles organisiert ist, sind Frauen in der Lage, immens viel zu leisten. Ich traue jeder Frau zu, dass sie Kinder und Job gut vereinbaren kann.“ Das sei zwar nicht immer ganz einfach, weiß die 57-Jährige aus Erfahrung, aber auf jeden Fall regelbar. „Mein Mann hat mich natürlich dabei immer unterstützt, Aufgaben übernommen. Unsere Tochter kennt uns nur als Team. Arztbesuche oder andere Termine nahmen wir fast immer zu dritt wahr.“

Mit 13 Jahren reifte der Traum von der Orchideenplantage

Ingrid Hofmann hatte schon mit 13 Jahren eine feste Vorstellung, wie sich ihr zukünftiges Leben gestalten sollte: Sie wollte nach Südafrika und dort auf einer Orchideenplantage arbeiten. „Schuld“ war ein Brieffreund aus diesem Land, mit dem sie sich alle 14 Tage in englischer Sprache austauschte. „Ich habe unheimlich viel erfahren, konnte mir alles so richtig vorstellen“, erinnert sich Hofmann. Auf diese Weise neugierig geworden, suchte sie sich für ihre Ausbildung zunächst in Nürnberg ein Unternehmen, das eine Tochterfirma in Südafrika hatte. Die Florimex GmbH sollte es sein. Hatte sie doch auch noch mit Hofmanns Lieblingsthema Pflanzen, besser gesagt Orchideen, zu tun. „Dort begann ich die Ausbildung zur Außenhandelskauffrau. Und was noch viel besser war: Der Prokurist sicherte mir zu, dass ich nach meinen Abschlussprüfungen nach Südafrika könne. Die Firma suche dort Führungskräfte.“

Es sollte allerdings anders kommen. Die Aufstände in Südafrika ließen die Arbeit vor Ort nicht zu. „Ich musste mich umorientieren“, so Hofmann. „Da ich bei Florimex in der Personalabteilung alles Wichtige lernen durfte und auch als Springerin in den deutschen Niederlassungen eingesetzt wurde, hatte ich wirklich bald das Rüstzeug, das ich für meine spätere Laufbahn brauchte.“ Ingrid Hofmann kümmerte sich zusätzlich intensiv um Weiterbildung und wurde so fit für das, was die Zukunft bringen sollte.

Zunächst wechselte die junge Frau zur Niederlassung eines Schweizer Zeitarbeitunternehmens in Nürnberg. „Ich habe gesehen: Das liegt mir“, erklärt sie. „Ich gehe gerne mit Menschen um.“ Doch dann begegnete Ingrid Hofmann dem, was Frauen oft erfahren: Sie prallte gegen die berühmte gläserne Decke, als sie auf der Karriereleiter weiter nach oben wollte. Man ließ sie zwar immer wissen, dass sich alles noch ändern könne, doch die Geduld zu warten, hatte Hofmann nicht. „In der Schweiz gab es damals noch nicht einmal in allen Kantonen das Wahlrecht für Frauen. Da hätte sich so schnell nichts ergeben“, betont sie.

So kam die Anfrage eines Headhunters genau richtig. Ingrid Hofmanns neue Aufgabe war es, die Niederlassung eines Konkurrenten der Firma, die sie gerade verlassen hatte, einzurichten. „Da sah ich, dass ich das kann: eine Organisation aufbauen“, berichtet sie. Sie fühlte sich bereit für die Selbstständigkeit mit einem Geschäftspartner. Fünf Jahre harmonierten die beiden. Dann gingen ihre Meinungen über die Unternehmensführung doch auseinander. Schließlich trennten sie sich. 1985 gründete Hofmann, gerade einmal 31 Jahre alt, ihr eigenes Unternehmen.

Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte. Die I. K. Hofmann GmbH hat über 70 Niederlassungen in Deutschland und Töchter in Österreich, Tschechien, England sowie den USA. Knapp 20000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören dazu, 450 sind in der Verwaltung und im Vertrieb tätig. Ingrid Hofmann: „Ich glaube, dass wir in diesem Jahr eine halbe Milliarde Umsatz schaffen werden.“

Natürlich gehe nicht immer alles nur aufwärts, räumt die Geschäftsführerin ein. „Wir sind im Moment in einer Boom-Phase. Im Krisenjahr 2009 ist uns beispielsweise unser größter Kunde, die Automobilbranche, weggebrochen. Da muss man eben dran bleiben, neue Geschäftsfelder suchen.“ Heute gehörten die Bereiche alternative Energien und Medizintechnik dazu. „Inzwischen geht es der Automobilbranche wieder ausgesprochen gut, so dass diese Kunden zurückgekommen sind. Damit ist unser hohes Wachstum zu erklären.“

„Man braucht die Vision, etwas bewegen zu können“

„Man braucht eine Vision“, begründet Ingrid Hofmann ihren Erfolg. „Ich wollte immer etwas bewegen. Als so viele ohne Arbeit waren, wollte ich etwas tun. Auch heute ist es noch so: Sobald ich privat erfahre, dass jemand arbeitslos ist, setze ich automatisch alle Hebel in Bewegung, ihm einen Job zu verschaffen.“ Sie habe auf ihrem beruflichen Weg als Frau kaum Kompromisse eingehen müssen. „Wir arbeiten beispielsweise stark im technischen Bereich. Ich frage einfach, wenn ich etwas nicht verstehe – nicht naiv, sondern bestimmt. Ich will ja etwas wissen. Das funktioniert immer“, schildert Ingrid Hofmann ihre Erfahrung. „Davon abgesehen, dass ich Vorlieben, die man vor allem eher Männern zuschreibt, habe.“ Sie lächelt spitzbübisch und fährt fort: „große, schnelle Autos, den FCN...“

„Frauen sind gut. Sie müssen ihr Wissen erweitern und für Leitungsaufgaben bereit sein“, fordert Hofmann. Viele wollten das aber nicht um jeden Preis. „In meinem Lenkungsgremium sind sechs von zehn Mitgliedern Frauen. Und: Wir sind erfolgreich!“

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