Im lauten Bauch der Königin

20.6.2008, 00:00 Uhr
Im lauten Bauch der Königin

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17 Klassen konnten in diesem Jahr im Rahmen der Internationalen Orgelwoche Nürnberg (ION) die Möglichkeit nutzen, einen Blick hinter die Kulissen der «Königin der Instrumente» zu werfen. Ehrfurcht und Respekt erfüllt die Zwölf- und 13-Jährigen angesichts der bis zu sechs Meter hohen Pfeifen und der gewaltigen Klangfülle der Kuhn-Orgel.

Organist Muschaweck war mit dabei, als das 1,2 Millionen Mark teure Instrument 1991 erbaut wurde. Er erklärt den Kindern die faszinierende Technik. «Drei Manuale mit je 54 Tasten, 30 Pedale und 46 klingende Register: Das macht zusammen 2961 Pfeifen, verteilt auf mehrere Stockwerke», erläutert Muschaweck das Innenleben seiner Orgel.

Die kleinsten Pfeifen für die höchsten Töne sind kaum größer als ein Bleistift. Zwei Elektromotoren komprimieren die Luft für die sieben Blasebälge, mit denen die Pfeifen aus Holz und Metall zum Klingen gebracht werden. Hauchdünne Hölzer, so genannte Abstrakten, verbinden die Tasten am Orgeltisch und die Register mit den dazugehörigen Ventilen. Dabei zählt die Kuhn-Orgel noch lange nicht zu den größten ihrer Art. Die Orgel in der St. Lorenz-Kirche, auf der heute Abend die 57. Orgelwoche eröffnet wird, verfügt sogar über fünf Manuale und mehr als 10 000 Pfeifen.

Der Fuß tastet nach «Alle meine Entchen»

Während sich die Hälfte der Klasse im Innern der Orgel zusammendrängt, schaut die andere Hälfte neugierig über die Schultern von Anita Kick-Grüber am Spieltisch. Sie erläutert die Funktion der Manuale, Pedale und der vielen Registerknöpfe. «Moderne Orgeln können mehrere Dutzend verschiedene Einstellungen speichern; Damit können wir bei größeren Stücken wie bei Konzerten verschiedene Klangfarben vorprogrammieren», erläutert die Kirchenmusikerin.

Als erste wagt sich die 13-jährige Elisabeth auf die Orgelbank. Sie spielt etwas schüchtern Beethovens «Für Elise». Ihre Klassenkameradin Nadine intoniert den Flohwalzer mit den kleinsten, extrem hohen Pfeifen. Anschließend probiert sie mit den Füßen «Alle meine Entchen». «Gell, das ist schwer», kommentiert Kick-Grüber das zaghafte Bemühen, die Pedale in der richtigen Reihenfolge zu treten.

Zur Abwechslung geben die beiden Profis wieder eine Kostprobe ihres Könnens. Bei den Fortissimo-Stellen des Auferstehungsliedes sitzen die Kinder mittendrin im voluminösen Klangbeben. «Das ist schon ordentlich Dampf dahinter», stellt Artur Muschaweck fest. Mit dem Schweller demonstriert Anita Kick-Grüber anschließend, dass die Königin der Instrumente auch ein kaum mehr hörbares Pianissimo erzeugen kann. Zum Abschluss der praktischen Schulstunde demonstrieren die beiden mit der Filmmusik zu «Conquest of Paradise» noch einmal den Klangreichtum und das Klangvolumen.

Das Schulprojekt ist erst vor drei Jahren gestartet worden. «Das Interesse ist mittlerweile riesengroß», berichtet ION-Geschäftsführer Robert Vogel. Lehrerin Dorothee Everding war schon vor einem Jahr mit einer Klasse zu Gast in St. Martin. Sie freut sich über die Begeisterung ihrer Schüler. «Nächstes Jahr komme ich bestimmt wieder», sagt die Pädagogin. Erstmals gab es in diesem Jahr auch eine Orgelführung für Erwachsene. «Wir müssen uns überlegen, wie wir das Angebot ausweiten können», freut sich Vogel angesichts des Zuspruchs bei Jung und Alt. Manfred Präcklein, dpa

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