Dornröschenschlaf in Sachen Busbahnhof

6.9.2012, 07:00 Uhr
Dornröschenschlaf in Sachen Busbahnhof

© Roland Fengler

Martin Burkert wundert sich. Der SPD-Verkehrsexperte hat in diversen Gesprächen mit der Stadt darauf hingewiesen, welche Lawine da mit der Liberalisierung des Fernbusverkehrs kommen könnte. Schließlich sitzt er als Bundestagsabgeordneter in der Verhandlungskommission, die die Liberalisierung des innerdeutschen Fernbusverkehrs bis zum kommenden Januar auf die Schiene setzen soll.

Doch bisher scheint die Dringlichkeit im Nürnberger Rathaus nicht angekommen zu sein. „Wir haben da ein Problem, aber bis heute sagt die Stadt, wir warten erst mal ab, was kommt“, wundert sich der Abgeordnete.

Dabei hat Burkert diese Woche schon den Entwurf zu einem gemeinsamen Antrag mit der Union vorliegen, der von allen Abgeordneten mitgetragen werden soll, erklärt er im Gespräch mit der NZ. „Und dann wird die Liberalisierung zum 1. Januar 2013 kommen.“ Nürnberg dürfte einer der attraktiven Ziel- und Umsteigeorte werden, ist sich Burkert sicher.

Derzeit gibt es mehrere denkbare Szenarien, welche Passagiere von welchem Verkehrsmittel auf den Bus umsteigen könnten. Bei etlichen dürfte der meist günstigere Preis im Vergleich zu Flug oder Bahn ziehen. „Stuttgart – Karlsruhe – Regensburg – Passau: Das wären mögliche Routen. Der Fahrpreis wird günstig sein für Rentner und junge Menschen, die Zeitverlust bei Stau nicht stört“, meint Burkert. Einig ist er sich mit den Fachleuten darin, dass der ZOB völlig unzureichend ist. Es gebe Überlegungen im Rathaus, übergangsweise an die Rothenburger Straße zu gehen, hat Burkert gehört.

Derzeit werden die Anmeldungen für den Fernverkehr zentral in Düsseldorf gesammelt. Doch laut Burkert kommt man noch nicht an die Daten heran, die zeigen würden, wer Nürnberg künftig auf dem Fahrplan stehen hat. „Wir werden dann Druck bekommen, wenn feststeht, wie viel Fernreisebusse wir zu erwarten haben, aber das ist bei der Stadt alles bekannt. Ich wundere mich auch, wie man da so ruhig zuschaut, was kommt.“

Zumindest macht man sich auf Seiten der Stadt schon ein paar Gedanken. „Der bestehende ZOB mit seinen neun Haltestellen ist voll ausgelastet“, weiß auch Frank Jülich, Leiter des Verkehrsplanungsamtes. Bei ihm liegt derzeit die Federführung für ein neues Konzept. Aber die Möglichkeiten sind begrenzt. „Es schreit keine Fläche im Stadtgebiet danach, die Busse aufzunehmen. Es wird richtig kompliziert, wir wissen schon, was da auf uns zukommt.“

Sein Ressort sei dabei, zu schauen, wo es zumindest eine Zwischenlösung geben könnte. „Fünf bis sechs Standorte sind im Gespräch, über diese möchte ich aber noch nichts sagen. Als Voraussetzung braucht man eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Abstellplätze für Autos, sanitäre Anlagen. Wir sind in Gesprächen mit dem Flughafen, die Standorte Messe oder Nelson-Mandela-Platz sind völlig vom Tisch.“

In Langwasser gibt es immer wieder Ärger mit den Anwohnern, auch in der Rothenburger Straße hält sich die Begeisterung in Grenzen.

Beim Bus-Fachmann finden etliche der angedachten neuen Standorte keine Gnade. Rade Dordevic steht täglich im Ticketcenter der Eurolines am Willy-Brandt-Platz und kennt die Bedürfnisse der Kunden. „Der neue Standort muss zentrumsnah sein. Wer nicht ortskundig ist, findet sich sonst nicht zurecht. Außerdem kommen einige Nachtbusse um zwei oder drei Uhr morgens an, da fahren keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr.“

Von seinen Kunden bekommt er viele Beschwerden über die Zustände am bestehenden ZOB. „Es gibt keinen Warteraum, keine Parkmöglichkeiten, die Leute müssen auf den drei Metallbänken in der Kälte sitzen, können kein Gepäck einschließen, Müll liegt herum.“

Von seinen Münchner Kollegen hört er dagegen viel Gutes über den dortigen neuen Busterminal bei der Hackerbrücke. „Die hatten auch jahrelang irgendwo in Fröttmaning einen Busbahnhof. Seitdem sie wieder in der Innenstadt sind, haben sie deutlich mehr Zuspruch. Und in Deutschland gibt es eh keine große Tradition der Fernbusse wie in anderen Ländern. Die Leute müssen sich erst dran gewöhnen und die Busse auch im Blick haben, damit sie sie nutzen.“

Eher außerhalb der Innenstadt wünscht sich der Verkehrsclub Deutschland (VCD) den neuen Terminal. „Gut wäre ein Standort, wo man eine Mehrfachnutzung der Infrastruktur hätte“, so Bernd Baudler, Kreisvorsitzender des VCD. „Das wäre am Flughafen, vielleicht am Hafen, wenn der Fahrgastanlieger dort entsteht, denkbar wäre auch der Bahnhof Fischbach. Aber es müssten erst mal die Anforderungen definiert werden.“

Baudler bevorzugt eine große Lösung, bei der auch die Touristenbusse einbezogen würden. „Ein solches Busterminal muss aber zwingend einen hochwertigen Nahverkehrs-Anschluss besitzen. Für die Reisenden muss eine direkte und häufig verkehrende U-, S- oder Straßenbahn in die Innenstadt und zum Hauptbahnhof zur Verfügung stehen. Mit den Betreibern sollten zudem Kombiticket-Lösungen ausgehandelt werden, die für Ankommende eine einfache Weiterfahrt im ÖPNV ermöglichen.“ Nur weiß keiner derzeit, wo man diese eierlegende Wollmilchsau in Nürnberg noch vor dem 1. Januar finden könnte.

 

5 Kommentare