Nürnberger Künstler hofft auf Schadenersatz

26.7.2012, 19:02 Uhr
Nürnberger Künstler hofft auf Schadenersatz

© Stefan Hippel

Um den Jahreswechsel 2009/2010 lagerte der Künstler Babis Panagiotidis die 2,40 Meter hohe und 2,90 Meter lange Pferdeskulptur in einer Nürnberger Garage zwischen. Diese hatte sein Bekannter gemietet. Nachdem dieser die Miete nicht zahlte, kündigte der Vermieter im Frühjahr 2010. Als der Mieter trotz mehrerer Aufforderungen die Garage nicht räumte, ließ der Eigentümer sie eigenmächtig und ohne Gerichtsvollzieher entrümpeln. Neben anderen Dingen landete auch „Hedon is (my) Trojaner“ auf dem Schrott.

„Ich wollte das Pferd nach Berlin bringen. Dort sollte es in einer Galerie am Brandenburger Tor ausgestellt werden“, berichtete Babis Panagiotidis gestern vor Gericht. Er habe große Augen gemacht, als er feststellte, dass die Garage leer war. Der Künstler verlangte daraufhin Schadenersatz für die Skulptur und andere Gegenstände in Höhe von 76500 Euro. Für sein Kunstwerk setzte er Arbeitszeit und Materialkosten als Wert an.

Das Landgericht folgte damals bei der Schadensberechnung weitgehend den Angaben des Künstlers und verurteilte den Vermieter zu rund 70000 Euro Schadenersatz. Für die Richter war ausschlaggebend, dass der Vermieter eine sogenannte „kalte Räumung“ durchgeführt hatte, die rechtswidrig ist. Ein Vergleichsangebot in Höhe von 50000 Euro hatte der Vermieter ausgeschlagen, weil sich seine Haftpflichtversicherung weigerte, einen Teil der Kosten zu übernehmen.

Mit dem Urteil des Landgerichts war der Garageneigentümer aber auch nicht einverstanden. Er ging in Berufung. Sein Anwalt argumentierte, dass nicht damit zu rechnen sei, dass in einer Garage ein so wertvolles Kunstwerk herumsteht. Den Künstler treffe deshalb ein Mitverschulden. Außerdem seien nicht die Herstellungskosten, sondern nur ein geschätzter Verkaufspreis von maximal 5000 Euro maßgeblich.

„Die Risiken kalter Räumungen können hoch sein“

Die Richter des Oberlandesgerichts betonten gestern noch einmal, dass die Räumung rechtswidrig war und der Vermieter für den Schaden aufkommen muss. „Die Risiken kalter Räumungen können hoch sein“, so der Vorsitzende Richter Michael Hauck. Er und seine Kollegen aus dem Zivilsenat versuchten deshalb, anhand von Zeugenaussagen den Wert der Skulptur zu ermitteln.

Michael Becker, Prokurist des Verlages Nürnberger Presse, berichtete, dass das Pferd für die Ausstellung 2009 mit einer Summe von 144000 Euro versichert worden sei. Die Versicherungshöhe ergebe sich aus den Angaben der Künstler. Er halte den von Babis Panagiotidis genannten Betrag für realistisch, so der Prokurist. Becker war früher als Feuilletonredakteur tätig und gilt als Kenner der Kunstszene. Auch der Fürther Galerist Manfred Edler, der „Hedon is (my) Trojaner“ im November 2009 im City Center Fürth gezeigt hatte, bestätigte, dass ein Preis von über 100000 Euro realistisch sei. Er habe einen Kunden gehabt, der bereit gewesen sei, diesen Preis zu zahlen. Jener potenzielle Kunde, der gestern nicht vor Gericht erscheinen konnte, bestätigte den Richtern per E-Mail, dass er den Wert der Skulptur auf etwa 100000 Euro geschätzt habe.

Angesichts der Zeugenaussagen schlug Richter Michael Hauck vor, den Vergleich über 50000 Euro aus dem früheren Verfahren zu schließen. Bis Mitte August haben Kläger und Beklagter nun Zeit, sich zu überlegen, ob sie den Vorschlag annehmen. Lehnt eine der Parteien ab, wird das Verfahren mit weiteren Zeugen fortgeführt.

Da die Beweislast im Falle einer „kalten Räumung“ beim Vermieter liegt, muss dieser einen Kunstsachverständigen mit der Bewertung des Kunstwerks beauftragen. Das würde die Prozesskosten in die Höhe treiben. Spannend wäre es auf jeden Fall, wie der Gutachter den Wert des Kunstwerks bewertet. Der Prozess wird am 24. August fortgesetzt.

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