Daheim deutsch sprechen: CSU-Führung verteidigt Antrag

8.12.2014, 08:00 Uhr
Ausländer sollen in ihren eigenen vier Wänden nicht länger ihre Muttersprache sprechen. Das fordert zumindest die Union.

© dpa Ausländer sollen in ihren eigenen vier Wänden nicht länger ihre Muttersprache sprechen. Das fordert zumindest die Union.

Die CSU hält gegen alle Kritik und Belustigung an ihrer Forderung fest, dass Zuwanderer daheim in der Familie deutsch sprechen sollen. "Die Entwürfe der Leitanträge zum Parteitag sind gut vorbereitet und breit abgestimmt", sagte Generalsekretär Andreas Scheuer. "Der Parteivorstand wird diese am Montag unverändert, so wie vorgelegt, intensiv beraten."

In einem der Leitantrags-Entwürfe für den Parteitag am nächsten Wochenende heißt es: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen." Der CSU-Vorstand will am Montag über die Leitanträge beraten. Parteichef Horst Seehofer kündigte im "Münchner Merkur" an, die umstrittene Passage noch einmal im Detail zu prüfen.

"Motivation, nicht Gängelung"

Generalsekretär Scheuer machte im Interview der "Passauer Neuen Presse" deutlich, dass man kein Verbot im Sinn habe. "Uns geht es darum, dass neben der Muttersprache auch Deutsch gesprochen wird." Es gehe um Motivation und nicht um Gängelung.

Die CSU-Landesgruppenvorsitzende im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sieht Diskussionsbedarf. "Der Grundgedanke ist in Ordnung", sagte sie dem "Merkur". "Die deutsche Sprache ist eine wesentliche Voraussetzung für die Integration. Die Reaktion zeigt aber: Das kann missverstanden werden."

Reaktionen auf den Vorstoß der Christsozialen gab es zuhauf. "Die CSU ist in Absurdistan angekommen. Zum Schreien komisch, wenn es nicht so brandgefährlich wäre", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte in der "Welt": "Niemand will eine Sprachpolizei in Küchen und Wohnzimmern."

Kritik aus eigenen Reihen

Auch in der Schwesterpartei CDU ging man auf Distanz. "Ich finde ja, es geht die Politik nichts an, ob ich zu Hause lateinisch, klingonisch oder hessisch rede", schrieb CDU-Generalsekretär Peter Tauber auf Twitter. Selbst innerhalb der CSU regte sich vereinzelter Widerstand. Der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, der CSU-Landtagsabgeordnete Martin Neumeyer, sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Das ist ein Schmarrn! Machen wir dann demnächst die Videoüberwachung in den Küchen?"

Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl hält auch nichts von der Forderung der Schwesterpartei CSU. „Mein Verständnis von christdemokratischer Politik ist, dass wir uns zu dem, was in den vier Wänden einer Familie passiert, in äußerster Zurückhaltung üben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Privat bleibt privat.“ Zugleich machte Strobl klar, dass seiner Meinung nach jedes Kind, das in die Grundschule kommt, ausreichend deutsche Sprachkenntnisse haben müsse. „Hier müssen die Eltern ihrer Verantwortung gerecht werden.“

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Montag): „In dem Antrag der CSU geht es erkennbar nicht um die Einführung einer Rechtspflicht, zu Hause deutsch zu sprechen, das entscheidet ohnehin jede Familie individuell“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn sagte der Zeitung: „Von staatlicher Sprachkontrolle zu Hause halte ich nichts. Es schadet nicht, wenn Kinder zweisprachig aufwachsen.“

Auch Zustimmung wird deutlich

Es gab allerdings auch Zustimmung im Lager der Union. "Natürlich ist es hilfreich, wenn Zuwanderer zu Hause Deutsch sprechen", sagte Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich der "Welt". Der Vorschlag sei für die Profilierung der Union gut. "Mit einer eigenen deutlichen Sprache müssen wir der AfD den Nährboden für ihren politischen Populismus entziehen." Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte "Bild am Sonntag", dass Sprachkenntnisse für die Integration "von überragender Bedeutung" seien. "Deshalb ist es wichtig, dass mit Kindern auch zu Hause deutsch gesprochen wird."

Im Internet erntete die CSU reichlich Spott. Beim Kurznachrichtendienst Twitter äußerten sich Nutzer unter dem Hashtag #YallaCSU amüsiert bis entsetzt über den Parteivorschlag. Der Name des Hashtags ist ein ironischer Ermunterungszuruf nach dem arabischen "Yalla", das übersetzt etwa "Los, auf geht's!" bedeutet. Ein Nutzer schrieb: "Habe meine Oma soeben ausgewiesen. Die sagt immer Trottoir statt Bürgersteig."

Dieser Artikel wurde am 8. Dezember um 10 Uhr aktualisiert.

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