Deutschsprachige "HuffPo" ist online

10.10.2013, 18:12 Uhr
Deutschsprachige

© Ian Langsdon/Archiv (dpa)

Die US-Internetzeitung „Huffington Post“ hat ihren deutschsprachigen Ableger gestartet und will ihn zu einem der drei größten inländischen Nachrichtenportale ausbauen. „Wir liefern damit den Zugang zu den besten Inhalten im Internet“, sagte die Gründerin Arianna Huffington am Donnerstag in München.

Das neue Portal biete neben Journalismus auch eine Plattform für Meinungsbeiträge und Blogs. „Die Leser sind eingeladen, uns ihre Geschichten zu erzählen“, sagte Huffington. Die Zeitung verschaffe allen Bloggern ein größeres Publikum und gebe denen eine Stimme, die bisher keine haben. Auch Gesundheitstipps, Lebenshilfe und Lifestyle-Themen spielten eine große Rolle.

In Zusammenarbeit mit der Burda-Tochter Tomorrow Focus erstellt ein 15-köpfiges Team eine Mischung aus schnellen Nachrichten, Blog-Einträgen, Lesermeinungen, Expertenkommentaren und dem Verweis auf Artikel anderer Medien. Editorial Director (Herausgeber) ist der ehemalige ZDF-Moderator Cherno Jobatey. Der designierte Chefredakteur Sebastian Matthes ist derzeit noch bei der „Wirtschaftswoche“ in Düsseldorf unter Vertrag und soll „in einigen Wochen“ dazustoßen.

"Win-win-Situation"

Jobatey betonte, das neue Portal beachte das Leistungsschutzrecht und die Urheberrechte von Autoren. Kritiker monieren, die „HuffPo“ nutze kostenlos die Inhalte anderer Zeitungen und zahle ihren Gastautoren kein Honorar. Huffington sieht darin eine „Win-win-Situation“, denn das Portal verschaffe den besten Seiten im Netz per Link viele Klicks. Die journalistische Glaubwürdigkeit alter Medien werde mit den technologischen Möglichkeiten neuer Medien verknüpft.

Christoph Schuh, Vorstandsmitglied der Tomorrow Focus AG, kündigte Investitionen von drei Millionen Euro innerhalb von zwei Jahren an. Innerhalb von drei Jahren soll das Portal profitabel arbeiten und die Zahl der festangestellten Mitarbeiter auf 30 verdoppeln. Nach fünf Jahren sei ein Netto-Umsatz von 10 bis 15 Millionen Euro geplant. Das Team arbeitete wenige Meter von der Focus-Online-Redaktion entfernt; die Zusammenarbeit zwischen Huffington und Burda sei auf lange Zeit angelegt.

„Das wird den Markt bereichern“, sagte der Journalist und Blogger Richard Gutjahr auf Anfrage. „Konkurrenz belebt das Geschäft. Die alten Geschäftsmodelle funktionieren nicht mehr und die neuen noch nicht.“ Die „HuffPo“ könne einen Weg zwischen beiden bahnen.

Gratiskultur vs. Bezahlschranken

Viele Verleger in Deutschland wollen die Gratiskultur im Netz zurückdrängen und Bezahlschranken einrichten, um trotz sinkender Zeitungsauflagen guten Journalismus finanzieren zu können. Manche von ihnen fürchten, dass die „HuffPo“ diese Bemühungen konterkariert. Denn die Onlinezeitung setzt für ihr Gratis-Angebot ausschließlich auf Werbung - wobei Online-Werbung bei weitem nicht so hohe Erlöse einbringt wie Anzeigen im Printgeschäft.

In den USA stieg die 2005 gegründete „Huffington Post“ zur Klickmaschine auf. Sie expandiert weltweit. 2011 übernahm AOL das Nachrichtenportal für 315 Millionen Dollar. Nationale Ausgaben gibt es bereits in Kanada, Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien - jeweils mit Medienhäusern vor Ort als Partner.

Der Zeitungsverleger Dirk Ippen sieht darin keine Gefahr für Lokal- und Regionalzeitungen. Er sagte: „Es ist gut, wenn auch normale Menschen ihre Meinungen einbringen können. Früher konnten sie das höchstens mal mit einem Leserbrief. Dass wir jetzt ein Umfeld haben, wo jeder publizieren kann, damit müssen wir von den klassischen Medien eben fertig werden.“

Auch der Journalismusforscher Klaus-Dieter Altmeppen glaubt nicht, dass davon eine große Gefahr für die etablierten Medien ausgeht: „Einen solchen kurzfristigen Eindringling ins Revier werden sie überleben.“ Der Münchner Medienwissenschaftler Christoph Neuberger sieht das ähnlich: „Mit 15 Mitarbeitern ist man gegenüber den großen Nachrichtenportalen in Deutschland nicht in der Lage, damit konkurrieren zu können.“

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