Gefahrengebiet Tel Aviv: Hamas-Raketen behindern Luftverkehr

23.7.2014, 16:05 Uhr
Rauch steigt auf im Gazastreifen: In der Stadt Al Shejaeiya schlugen am Dienstag zahlreiche Raketen ein.

© dpa Rauch steigt auf im Gazastreifen: In der Stadt Al Shejaeiya schlugen am Dienstag zahlreiche Raketen ein.

Mit der Streichung zahlreicher internationaler Flüge nach Israel spürt das Land neben politischem auch wirtschaftlichen Druck. Viele Airlines stellten Verbindungen zum internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv wegen des andauernden Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen vorübergehend ein. Für Israel ist Ben Gurion das "Tor zur Welt".

Der israelische Präsident Schimon Peres kritisierte die Streichung internationaler Flüge nach Israel. «Die richtige Antwort ist nicht, Flüge zu streichen, sondern die Raketen (der Hamas) zu stoppen», sagte er bei einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Jerusalem.

Nachdem Raketenteile in der Nähe des Flughafens Ben Gurion bei Tel Aviv gefunden worden waren, hatten amerikanische und europäische Fluggesellschaften vorübergehend Flüge nach Tel Aviv eingestellt - darunter auch die Lufthansa und Air Berlin. Vor allem die israelische Tourismuswirtschaft fürchtet Einbußen. Inzwischen öffnete Israel den Militärflughafen Ovda in der Negev-Wüste nördlich von Eilat als Ausweichmöglichkeit für internationale Flüge.

Die Zahl der Toten bei schweren Kämpfen in dem blockierten Palästinensergebiet stieg am Mittwoch auf über 650, rund 4200 Palästinenser wurden nach Angaben der Rettungsbehörden verletzt.

Oft nur wenige Minuten bis zum Bombardement

Die Vereinten Nationen riefen Israel und die radikal-islamische Hamas auf, die Zivilbevölkerung zu schützen. Wer sich nicht an diese internationalen Menschenrechte halte, laufe Gefahr, "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu begehen, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay.

Bei einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf zweifelte Pillay an, dass Israel alles tue, um zivile Opfer zu vermeiden. Jede Warnung vor einem Angriff müsse den Menschen, darunter Alten und Kranken, auch die Zeit zur Flucht geben, kritisierte Pillay. Oft vergehen nur wenige Minuten bis zum Bombardement.

Der Direktor des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Pierre Krähenbühl, forderte, den Menschen im Gazastreifen endlich eine Lebensperspektive zu geben. Ein einfaches Zurück zur Situation vor der israelischen Militäroffensive sei nicht vorstellbar, sagte er der Westschweizer Zeitung "Le Temps" (Mittwoch). "Nach acht Jahren der Blockade ist die humanitäre Situation nicht mehr haltbar."

Im Jahr 2000 habe das UNRWA 80.000 Menschen unterstützt, heute seien es 830.000, sagte Krähenbühl. Die Lager der UNRWA seien brechend voll. Vor der israelischen Militäroffensive hätten dort rund 17.000 Vertriebene gelebt, jetzt seien es 100.000.

Tunnel der Hamas sollen weiter zerstört werden

Die Militäroffensive Israels im Gazastreifen ging indessen mit unverminderter Härte weiter. Vor allem in dem Gaza-Viertel Sadschaija sei man gegen ein "Bataillon" der Hamas im Einsatz, sagte Armeesprecher Peter Lerner. Die Hamas verfüge weiterhin über bis zu 4500 Raketen. Es seien bisher 25 Tunnel mit mehr als 70 Zugängen gefunden worden.

Ziel der inzwischen gut zweiwöchigen israelischen Offensive ist es, die Infrastruktur der Hamas wie Raketenabschussrampen, Waffenschmieden und vor allem unterirdische Tunnel zu zerstören. Durch Tunnel dringen Hamas-Kommandos nach Israel vor, um Anschläge zu verüben. Immer wieder schlagen Raketen aus dem Gazastreifen in israelischen Orten ein.

US-Außenminister John Kerry traf auf seiner Krisenmission im Nahen Osten in Israel ein, wo er mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zusammenkommen wollte. Auch ein Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas war geplant. Kerry hatte am Tag zuvor mit der Führung in Kairo gesprochen. Ägypten hatte eine Waffenruhe vorgeschlagen, die die Hamas jedoch ablehnt. Kernforderung der Hamas ist eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens durch Israel und Ägypten.

Auch auf israelischer Seite stieg die Zahl der getöteten Soldaten auf mindestens 29 - und damit auch der Druck auf die Regierung, die Krise zu lösen. Zuletzt kamen zwei Offiziere ums Leben.

Wegen der Streichung von Flügen strandeten viele Israel-Reisende. Transportminister Israel Katz kritisierte die Entscheidung als "Belohnung für den Terror" der Hamas im Gazastreifen. Er betonte, die nationale Airline El Al werde mehr Flüge einsetzen, um gestrandeten Reisenden zu helfen.

Armeesprecher Lerner sagte: "Wir sind überzeugt, dass wir den Flughafen schützen können." Zugleich räumte er aber ein, dass die israelische Raketenabwehr "kein hermetisches System" sei. Das System "Eisenkuppel" habe eine Erfolgsrate von etwa 90 Prozent. Es könne immer sein, dass eine Rakete durchrutsche.

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