VW Touareg: Das Flaggschiff setzt auf Diesel

18.5.2018, 20:51 Uhr
VW Touareg: Das Flaggschiff setzt auf Diesel

© Hersteller

Eine Tour über 200 Kilometer durch die österreichischen Alpen war angesagt. Der Touareg wartete schon am Flughafen in Salzburg. Zum Fahrtest stand ausschließlich der V6 TDI SCR 4Motion mit Achtgang-Automatik bereit, der satte 210 kW/286 PS leistet und im genormten Mixverbrauch mit nur 6,9 Liter auf 100 Kilometer (182 g/km Co2) angegeben wird, im Alltag dürfte es gewiss etwas mehr sein. Laut Listenpreis kostet der VW Touareg ohne Sonderausstattungen 60.675 Euro.

Topspeed? Das lassen wir lieber

Kaum im großzügigen Innenraum Platz genommen, lässt der Druck auf den Startknopf den Turbodiesel anspringen. Im Standgas läuft er fast unhörbar und ohne Vibrationen. Das ändert sich auch nicht, als wir uns langsam zur Parkplatzausfahrt in Bewegung setzen. Später, beim Dahingleiten auf Landstraßen und auf einem Autobahnabschnitt, bleibt der Sechszylinder weiterhin dezent im Hintergrund. Prima! Ähnlich die Fahr- und Abrollgeräusche, die kaum wahrnehmbar sind. Unauffällig und unaufgeregt wechselt die Automatik die Gänge, selbst dann, wenn der Fahrer zu einem Zwischenspurt oder Überholmanöver ansetzt. Zwischendurch lässt es sich entspannt mal schneller fahren - der Touareg könnte sogar mal eben 220 km/h vorlegen. Allerdings sollen Tempoüberschreitungen von der österreichischen Polizei besonders streng verfolgt werden, also lassen wir das.

VW Touareg: Das Flaggschiff setzt auf Diesel

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Aber nicht nur der Motor trägt zu dem Fahrkomfort bei, der uns bei SUVs bisher nicht bekannten war. Okay, bei der Einweisung haben uns die VW-Techniker schon gesagt, dass Fahrwerk des neuen Touareg Agilität und Komfort so gut wie nie zuvor kombiniere. Doch bleibt man immer skeptisch bei solchen Sprüchen der Entwicklungsleute aus der Autoindustrie. Wir verlassen uns lieber auf unser eigenes Urteil.

Kurvige Strecke, fordernde Steigungen

Dazu ist jetzt Gelegenheit: Die Strecke wird immer kurviger. Wechsel- und Haarnadelabbiegungen lösen sich ab. Zwar gibt es auch herausfordernde Steigungsabschnitte auf der Serpentinenstrecke bis auf 1.300 Höhenmeter, jedoch sind sie kein Problem angesichts des Dreiliter-TDIs mit seinen maximal 600 Newtonmeter Drehmoment. Auf Passhöhe dann Frostaufbrüche, was sagt der Touareg dazu? Er schüttelt alles ab, was an Querfugen, langen Bodenwellen oder Fahrbahnverwerfungen hereinkommt. Dabei hilft besonders die Wankstabilisierung, weil die Stabilisatoren vorn und hinten getrennt gesteuert werden. Aber auch die Hinterradlenkung leistet gute Dienste, deren schnelle Regler bei zügiger Fahrt die Reaktionen des großen SUV stabiler und vorhersehbarer machen. Oberhalb von 37 km/h lenken die Räder nämlich nicht mehr gegensinnig, sondern gleichsinnig. Bei niedrigem Tempo helfen sie, das Auto wendiger zu machen. Wir spüren, dass die VW-Manager nicht übertrieben haben: In allen Fahrsituationen beeindruckt das hohe Maß Agilität und Fahrstabilität. Zudem überzeugend: Die Lenkung gibt klares Feedback von der Straße. Der Touareg lässt sich fast schon intuitiv bewegen und vermittelt dabei eine große Portion Fahrspaß.

Bereits auf unserer Probefahrt bewährt sich, dass die VW-Techniker im Touareg vorn und hinten zu aufwendigen Fünflenkerachsen in Stahl-/Aluminiumbauweise gegriffen haben. Denn neben der Wankstabilisierung kann das neue SUV auch mit einer Zweikammer-Luftfederung und einer Allradlenkung optional aufgerüstet werden. Systeme, die es ähnlich auch beim technisch verwandten Audi Q7 (Modularer Längsbaukasten MLB Evo) oder beim Porsche Cayenne gibt. Doch beim VW-SUV erlauben die Weiterentwicklungen dank der Gnade seiner späten Geburt unter anderem mehr Spielraum in der Auslegung der Regler. Auffällig wird das zum Beispiel bei der Luftfederung: Sie hält selbst im Komfortmodus die Auf- und Abbewegungen der Karosserie in angenehmen Grenzen. Zudem hält sie das Fahrzeugniveau konstant.

VW Touareg: Das Flaggschiff setzt auf Diesel

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Digitale Welten via XL-Touchscreen

Wenn bei dem mehr als zwei Tonnen schweren Touareg ein eher agiles Fahrverhalten gewünscht wird, können wir Fahr- und Offroad-Modi über Drehregler anwählen. Auf dem riesigen Touchscreen lassen sich nämlich vier fixe Modi und ein frei konfigurierbarer Individual-Modus festlegen.

Nach unserer Fahrt wird deutlich, dass es VW gelungen ist, nicht nur aufs Premiumsegment abzuzielen, sondern das dort vorherrschende Niveau auch zu erreichen. Das gilt letztlich sogar für die Preise. Ein gut ausgestatteter Touareg kann sich zügig bis in Höhen um 90.000 Euro vorarbeiten. Dann nämlich, wenn der Kunde ein Häkchen macht bei Luftfahrwerk und Allradlenkung für 2.850 Euro, LED-Matrix Scheinwerfern IQ für 1.870 Euro oder digitalem Innovation-Cockpit für 3.500 Euro. Dürfen es dann noch Lederbezüge mit Ergo-Comfortsitzen vorn für 4.650 Euro sein oder - besser - mehr Sicherheit mit aufpreispflichtigen Assistenzsystemen im "Plus"-Paket für 2.300 Euro? Schließlich stehen noch andere nette Dinge in der Preisliste, zum Beispiel kostet das Design-Paket "Elegance" 1.950 Euro oder "R-Line" satte 3.300 Euro. Na ja, und auf breiten Schlappen und tollen Alurädern sieht der Touareg auch noch besser aus, oder?

Ingo Reuss

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