Zu breit für die Baustelle?

13.12.2016, 17:07 Uhr
Zu breit für die Baustelle?

© ADAC

Das stieß unserem Leser aus Erlangen mächtig auf: Für das Befahren der Überholspur in einer Autobahnbaustelle der A73 bei Forchheim wurde er mit einem Bußgeld zur Kasse gebeten. Grund: Sein Auto hatte die dort zulässige Maximalbreite überschritten. Keineswegs ein XXL-SUV oder eine dicke Limousine, sondern ein Peugeot 307 - mithin ein eher bescheiden dimensionierter Kompaktwagen.

"Viele Autofahrer verstehen den Grund für das 20-Euro-Bußgeld nicht", sagt Justiziarin Tanja Leopold von der Deutschen Anwaltshotline. Denn die wenigsten wissen, dass sie in etlichen Autobahnbaustellen gar nicht links fahren dürfen. Ist die Überholspur nur 2,50 Meter breit, gestattet das Verkehrszeichen 264 dem Fahrzeug eine Breite von maximal zwei Metern zu. Der Sicherheit halber sollen beidseitig noch 25 Zentimeter Abstand bleiben. Knackpunkt: Die Außenspiegel sind in diese zwei Meter mit eingerechnet. So "verbreitert" sich selbst ein VW Golf, der ohne Spiegel 1,80 Meter breit ist, auf unzulässige 2,03 Meter. Der ADAC hat ermittelt, dass rund 70 Prozent der Neuwagen das Zweimeter-Limit überschreiten.

Die Fahrzeugpapiere helfen nicht

In den Fahrzeugpapieren steht die Breite allerdings nur ohne Außenspiegel verzeichnet. Wer über das Maß "mit" Bescheid wissen will, muss sich anderweitig schlau machen, zum Beispiel auf den im Internet verfügbaren Datenblättern. "Wir empfehlen, notfalls selbst nachzumessen", sagt Andreas Hölzel vom ADAC. Hintergrund der verwirrenden und für viele Autofahrer ärgerlichen Angelegenheit ist eine seit 2010 gültige EU-Norm, die den Fahrzeugen größere Außenspiegel mit umfänglicherem Sichtfeld vorschreibt.

Als Abzocke mag der ADAC Kontrollen in Sachen Fahrzeugbreite jedoch nicht grundsätzlich empfinden. "Der seitliche Zusammenprall ist die zweithäufigste Unfallursache in Baustellen", gibt Andreas Hölzel zu bedenken, "das passiert schon relativ häufig". Und Jürgen Stadter vom Polizeipräsidium Oberfranken legt Wert auf die Feststellung, dass es "sicherlich nicht zu unseren Hauptaufgaben gehört, die Fahrzeugbreite zu kontrollieren". Wenn aber in bestimmten Baustellen eine Unfallhäufigkeit zu beobachten ist, die mit dem seitlichen Touchieren zweier Autos zu tun hat, dann gebe das schon Anlass zu verstärkter Überwachung. Auf der A73 sei genau dieser Fall gegeben gewesen.

Beweis per Foto

Bei ihren Kontrollen legen sich die Beamten freilich nicht mit dem Maßband auf die Lauer. Vielmehr werden mutmaßlich zu breite Autos fotografiert, anschließend findet ein Abgleich mit den Fahrzeugdaten statt. Oft kommt man "Überbreiten" aber auch per Zufallsbefund auf die Spur, etwa wenn die Betroffenen im Zusammenhang mit einer Tempo- oder Abstandssünde abgelichtet bzw. abgefilmt werden. Um das Bezahlen des Bußgelds in Höhe von 20 Euro kommt man kaum herum. Und es kommt möglicherweise noch schlimmer. "Wird der Fahrer eines zu breiten Pkw in einen Unfall verwickelt, kann sogar der Kaskoschutz eingeschränkt werden", warnt Justiziarin Tanja Leopold. "Darüber hinaus kann wegen einer Mitschuld der Schadenersatz der gegnerischen Haftpflichtversicherung reduziert werden". Auch Gerichte haben sich bereits mit der Thematik beschäftigt und dabei die Relevanz der Fahrzeugbreite mit Außenspiegeln "abgesegnet" (OLG Brandenburg, AZ 12 U 145/07).

Nicht mehr zeitgemäß

Die Kontrollen in Frage zu stellen, ist sicherlich nicht der richtige Ansatzpunkt - hier geht es schließlich um die Sicherheit. Vielmehr sei das Zweimeter-Limit "nicht mehr zeitgemäß", wie Verkehrsreferent Jürgen Berlitz vom ADAC meint. Die Überholspuren müssen breiter werden. "Dafür muss dann aber auch insgesamt genügend Platz vorhanden sein", sagt Berlitz. Der Straßenbau tut, was er kann. Zunehmend, erklärt Berlitz, würde eine zulässige Fahrzeugbreite von 2,10 oder sogar 2,20 Metern beschildert, dazu werden dann breitere Überholspuren angelegt, die statt 2,50 Meter immerhin 2,60 bzw. 2,70 Meter messen. Mitunter werden dazu provisorische Verbreiterungen der Fahrbahn vorgenommen (die später aber aufwendig und teuer wieder zurückgebaut werden müssen); hilfreich ist auch, dass die zum Gegenverkehr abgrenzenden Stahlschutzwände heutzutage oft nur noch 30 statt, wie früher, 50 Zentimeter breit sind. Keine guten Erfahrungen hat man hingegen mit dem kompletten Weglassen der Mitteltrennung (zu gefährlich) oder einer einspurigen und dafür breiter angelegten Verkehrsführung gemacht, die aber lange Rückstaus bewirkt.

Autofahrern helfen letztlich zwei Tipps weiter. Erstens, sich über die Breite des eigenen Fahrzeugs zu informieren. Und zweitens, bei der Einfahrt in Baustellen auf das Verkehrszeichen 264 zu achten, das möglicherweise eine Einschränkung dieser Breite vorgibt.

 

Keine Kommentare