21. Dezember 1965: Neue Straße für Buch

21.12.2015, 07:00 Uhr
21. Dezember 1965: Neue Straße für Buch

© Ulrich

Die Stadt und ihre Bucher Bürger freuen sich über diese späte „Ernte“ im Dezember: nachdem Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter, Bürgermeister Franz Haas, Baureferent Heinz Schmeißner und Diplomlandwirt Heinrich Ermann, der Direktor des mittelfränkischen Bauernverbandes, das weiß-rote Band durchschnitten haben, rollt der Durchgangsverkehr an der Ortschaft vorüber. Kurz vor Weihnachten und Neujahr kehrt in Buch Ruhe ein. Zusammen mit den beiden Brücken am Götzenweg und an der Baststraße kostete der erste Bauabschnitt der „Autobahn“ im Norden fast 5,8 Millionen DM, die sich Stadt, Land und Bund teilen.

Die Gästeschar – unter ihr viele Stadträte, Oberbaudirektor Karl Schaller und Baudirektor Karl Hörber vom Tiefbauamt sowie Heinz H. Starke, der Direktor des benachbarten Flughafens – standen mit den „Böichern“ im Morgennebel und Nieselregen. Sie brauchten allerdings nicht lange zu warten, bis die Schulkinder aus dem Knoblauchsland zu singen begannen. Schließlich haben auch sie etwas von der neuen Umgehungsstraße. Ihr Schulweg wird sicherer und in die Klassenzimmer des an der Ortsdurchfahrt stehenden Schulhauses wird künftig viel weniger Verkehrslärm dringen.

Norden nicht vernachlässigt

„Dieses Stück Straße ist eine Spätlese, die ja als besonders gut gilt“, schmunzelte Baureferent Heinz Schmeißner, während neben ihm der Oberbürgermeister zu den Regenwolken emporblickte und die Bezeichnung „Rießling“ richtiger fand. Der Dank des Bauhofchefs aber galt insbesondere dem BBV-Direktor Ermann, der beim Reservieren der Straßenfläche einmal mehr sein Verhandlungsgeschick bewiesen hat.

Heinz Schmeißner und Oberbürgermeister Dr. Urschlechter dachten jedoch schon wieder an die nächste Aufgabe. Auch das rund zwei Kilometer lange Stück in Richtung Stadtmitte muß bald gebaut werden. Die Freigabe des ersten Bauabschnittes aber bezeichnete das Stadtoberhaupt als den Beweis des guten Nürnberger Willens, den Norden gegenüber den anderen Stadtgebieten nicht zu vernachlässigen.

Mit Heinrich Ermann, der seinen Mantel mit einem Stück des weiß-roten Bandes dekorierte, kam am Ende ein Vertreter der Bauernschaft zu Wort. „Wir empfinden die Umgehungsstraße als Weihnachtsgeschenk, weil mit dem Fest etwas zusammenhängt, was man Frieden heißen kann“, meinte er und bat den Oberbürgermeister, die Strecke zum ersten und letzten Male für die Bucher freizugeben. Denn für ihre Schlepper ist das Tor nach dem Norden nicht verbreitert worden. Sie müssen nebenher auf den kleinen Straßen und Ackerwegen fahren.

„Viel Schwein“ für Autofahrer

„Die Verkehrsbefreiten danken!“, grüßten sie dennoch mit einem Plakat, das sie an einem Traktor der Eröffnungskolonne befestigt hatten. Ihre Freude über das gelungene Werk aber drückten sie mit der ihnen eigenen, mittlerweile weitum bekannten Originalität aus. In der Schaufel des Frontladers am ersten Schlepper saß ein glückverheißender Schornsteinfeger, neben dem ein junges Borstenvieh grunzend den Rüssel hob.

Deshalb wünschte der BBV-Direktor allen Verkehrsteilnehmern beim Befahren der neuen Straße „ebensoviel Schwein“ und die Vollendung des zweiten Bauabschnittes, noch ehe die „Jolanthe“ ihr Leben unter dem Metzgermesser lassen muß. Auch für diesen Fall hatte Heinrich Ermann eine nette Geste parat: Oberbaudirektor Karl Schaller lud er zur Metzelsuppe ein.

Verwandte Themen


Keine Kommentare