22. September 1962: Nur noch wenige arbeiten im Steinbruch

22.9.2012, 05:58 Uhr
22. September 1962: Nur noch wenige arbeiten im Steinbruch

© Slevogt

Für diese anstrengende Tätigkeit lassen sich bei der ohnehin so angespannten Arbeitsmarktlage heute kaum mehr Kräfte auftreiben. Selbst die Ausländer meiden die Steinbrüche. Meist sind es alte Fachkräfte und ihrem Beruf verbundene Steinmetze, die noch vereinzelt anzutreffen sind.

Dabei spielen die Steinbrüche, insbesondere die des Schmausenbuck und Worzeldorfs, in der Geschichte der Stadt eine bedeutsame Rolle: in kaum einer anderen Großstadt wurde das architektonische Bild wohl so mitbestimmt von dem einheimischen Gestein wie gerade in Nürnberg, wo feinkörniger Sandstein überwiegt. Auch beim Wiederaufbau nach dem letzten Krieg hat man diese Tatsache nach Möglichkeit berücksichtigt.

Über 30 Steinbrüche im Mittelalter

Reichsarchivrat Otto Geiger weiß in den von Dr. Ernst Mummenhoff herausgegebenen „Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg“ zu berichten, daß es gegen Ausgang des Mittelalters über 30 Steinbrüche um die Stadt gegeben hat. Nach den Bauamtsakten kann man annehmen, daß davon schon etliche seit der Ausdehnung der Stadt im 12. Jahrhundert abgebaut wurden.

Oft ist in den Steinbrüchen Raubbau getrieben worden, und so hat die Stadt schon anfangs des Jahres 1446 einem Amtmann die Aufsicht anvertraut. Alsbald erscheinen Bergpfleger, die einer Ratskommission unterstanden und um 1470 bestand nach Überlieferungen schon ein eigener Beamtenkörper im sogenannten Bergamt. Zwei bis fünf Jahre leiteten zwei Bergherren die Behörde; Beide Ratsmitglieder, von denen einer auch Baumeister der Stadt war. Dann kamen die Bergrichter, die Berggerichtsschreiber und Schöffen, die Rechner, die Beschauer und schließlich die Bergleute.

22. September 1962: Nur noch wenige arbeiten im Steinbruch

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Interessantes vermag die Geschichte über den Abbau am Kornberg zu berichten. Dort arbeiteten in jeder Grube im Jahr 1474 drei „Gemeiner“. Diese Werkgesellen kauften das Recht der Ausnutzung gegen einen Barlohn von der Stadt. Beim Verkauf der gebrochenen Steine hatten sie den 4. Pfennig als Erbzins der Stadtkasse abzugeben. Die Nutzungsanteile waren frei veräußerlich, und so bildeten sich ganze Generationen von Steinbrechern.

Erstaunlich erscheint auch die Zahl der gebrochenen Steine im Mittelalter. Aus einer Aufzeichnung des Baumeisters Wolf Jakob Stromer ist zu ersehen, daß allein im Sommer 1595 in den Brüchen 10 800 Steine abgebaut und zum Transport im Winter bereitgestellt worden sind. Die Abfuhr erfolgte im Frondienst, worüber die Bauern wenig begeistert waren und oft Widerstand geleistet hatten.

Für Mühlwerke und Wasserbauten

Einer weiteren Quelle, Dr. Emil Reickes „Geschichte der Stadt Nürnberg“ ist zu entnehmen, daß in der älteren Zeit der Kornburger Steinbruch, vielleicht auch der am Reuhelberg, dem jetzigen Schmausenbuck, betrieben wurde. Jedenfalls berichtete der Chronist Johannes Müller, daß die rötlichen Steine der 1150 neuerbauten Ägidienkirche am Reuhelberg gebrochen seien.

22. September 1962: Nur noch wenige arbeiten im Steinbruch

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Der Kornburger Stein aber zeichnete sich durch besondere Härte aus und wurde vielfach zu Mühlwerken und Wasserbauten verwendet. Darum war gerade dieser Stein weithin begehrt, wurde auf der Donau nach Österreich und Ungarn, ja bis in die Türkei transportiert.

Über den Namen Reuhelberg ist man sich bis heute noch nicht ganz einig. Der Mögeldorfer Heimatforscher Leo Beyer jedenfalls nimmt an, daß die Bezeichnung Reuhelberg ganz allgemein als Hinweis auf die Steinbrüche im Nürnberger Bereich zu verstehen und kein Eigenname des Schmausenbuck sei, wie manche Chronisten angenommen haben.

In seinem heimatgeschichtlichen Werk „Mögeldorf, der Schmausenbuck und der Nürnberger Reichswald“ (Lorenz Spindler Verlag Nürnberg) widmet Rektor i. R. Leo Beyer den Steinbrüchen etliche Absätze. So heißt es unter anderem: „Hinter der Gritz, am Süd- und Nordhang beginnen die alten Steinbrüche.

Schon mit Beginn des 13. Jahrhunderts wissen wir, daß die in der geologischen Formation des Keupers gelegene Burgsandsteinschicht auf dem Schmausenbuck das Material zu vielen Bauten Nürnbergs lieferte. Patrizierhäuser und Kirchen und vor allem das Heiliggeistspital sind damit erbaut.“ Bereits 1512 lobt Johann Cochläus die Güte der gebrochenen Steine. Sie seien weich und leicht zu verarbeiten, durch Sonnenhitze und Wind würden sie aber so hart, als wären sie gebrannt. Grau geworden, könnten sie schließlich an der Außenseite leicht erneuert werden.

Albrecht Dürers Wanderziel

Mit den Vorkommen am Schmausenbuck kam man natürlich nicht aus und so wurden bei der raschen Entwicklung Nürnbergs weitere Brüche angekauft, bei Kornburg und Wendelstein. Die „Kleine Chronik der Reichsstadt Nürnberg“ von Heinrich Johann Christoph Siebenkees enthält den Hinweis, daß der Rat der Stadt 1446 einem Georg Seckendorff für 26 000 Gulden und später einem Heinrich Geuder für einen nicht mehr zu ermittelnden Betrag ihre Besitzanteile an den Steinbrüchen bei Kornburg abgekauft hat.

Nach und nach wurden die einzelnen Brüche, wenn sie entweder ausgebeutet oder nicht mehr rentabel genug waren, ihrem weiteren Geschick überlassen und noch heute kennt man gar etliche verlassene, alte Brüche in und um Nürnberg. Vor allem nördlich und südlich der Birkenallee, nach Brunn sind die, um Leo Beyer zu zitieren, „lieblichen Schluchten mit Felswänden, Laubgebüsch, Eichenbeständen und Vogelsang“ für alle Wanderer eine große Überraschung.

Allerdings hat man auch zu tun, um aus dem Labyrinth dieser einstigen Brüche wieder auf einen bekannten Weg zu finden. Aber das erhöht ja den Reiz. Die Buchenklinge, eine Quelle bei den Steinbrüchen am Schmausenbuck ist viele Jahre lang ein Hauptwanderziel der Nürnberger gewesen. Sie war, von Steinbrucharbeitern, als Rast- und Brotzeitplatz, mit Ruhebänken versehen worden.

Auch Albrecht Dürer hat mit einer Federzeichnung, die bald nach 1500 entstanden sein soll, sich diesem Wanderziel gewidmet. Das Wort Klinge bedeutet eine enge Schlucht. Ferner gibt es ein bekanntes Aquarell Dürers von einem der benachbarten Steinbrüche: immer und stets waren eben früher die Brüche für Nürnberg bedeutungsvoll.

Am stärksten begegnen einem heute die alten Steinbrüche in den Natursteinkulissen des herrlichen Tiergartens am Schmausenbuck. Zwar bereitet der spröde und in der Witterung recht empfindliche Sandstein der Tiergarten-Direktion und der Stadtverwaltung etliche Sorge: für alle Besucher aber ist es eine Augenweide. Immer wieder muß das abbröckelnde Material gefestigt werden, um die prächtigen Kulissen mit exotischer und fremdartiger Tierwelt zu einer Attraktion geworden, so zu erhalten.

Einer der wenigen Steinbrüche, in denen heute noch der wertvolle Quarzit gewonnen wird, sind die ehemaligen Hoffmannsbrüche: der Steinbruchbetrieb Worzeldorf. Viele Tonnen schwere Blöcke werden dort abgebaut und nach den Wünschen der Bauherren gebrochen. Das etwas erzhaltige Gestein, frisch abgebaut glänzt es im Sonnenschein in verschiedenen Farben, ist insbesondere wegen seiner Widerstandsfähigkeit stark begehrt. Am Johannisfriedhof und in St. Rochus sind fast alle Grabsteine aus diesem recht harten und witterungs-unempfindlichen Material gefertigt worden.

Die Krise um die Steinbrüche, eine Folge der Knappheit an Arbeitskräften und auch ein kalkulatorisches Problem, wird nicht abklingen. Aber dessen ungeachtet wird man die Bedeutung dieser Naturvorkommen dankbar empfinden, so lange die Architektur Nürnbergs Zeugnis ablegt von den reichen Schätzen, die dem heimischen Boden in harter und zäher Arbeit abgerungen worden sind.

Aus den Nürnberger Nachrichten vom 22. September 1962

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