25. Oktober 1963: Langer Dienstweg für den Rettungsschlauch

25.10.2013, 07:00 Uhr
25. Oktober 1963: Langer Dienstweg für den Rettungsschlauch

© Knut Meyer

Die Nürnberger Brandkatastrophe, die im Ringkaufhaus vor fast zwei Jahren 22 Menschen das Leben kostete, regte die Fürther Berufsfeuerwehr an, ein Gerät zur schnellen Rettung von Menschen aus großen Häusern weiterzuentwickeln.

Kommandant Dimper hatte die Idee zu dem Rettungsschlauch, der bereits zweimal öffentlich vorgeführt wurde. Dieses Gerät ist zweifellos für alle Feuerwehren größerer Orte interessant. Wie aber findet eine Neuentwicklung den Weg zu den Verantwortlichen?

Rutschschläuche sind längst bekannt. Fürths Rettungsschlauch aber – und das ist eine bedeutende Neuerung – ist fest mit der ausfahrbaren großen Drehleiter verbunden und kann noch bis zu einer Höhe von 22 Metern genau an ein Fenster herangeführt werden. Automatisch wird die 30 Meter lange Stoffhülle beim Einholen der Leiter wieder aufgerollt. Dies erspart das vorherige Einsteigen von drei Feuerwehrleuten in das brennende Haus, die bisher einige Vorbereitungen zu treffen hatten, ehe mit der eigentlichen Rettung begonnen werden konnte. Diese drei werden von einem Mann ersetzt, der sofort mit der Leiter ausfährt.

Viele Instanzen sind nötig

25. Oktober 1963: Langer Dienstweg für den Rettungsschlauch

© Knut Meyer

Auf die alleinige Initiative der Fürther Feuerwehren geht die Entwicklung dieses Geräts zurück. Auf diesem Gebiet gibt es nur Privatinitiative, keine Entwicklungen durch zuständige Behörden. Eine der wenigen Ausnahmen: ein Anhänger für den Fall der Verseuchung durch austretendes Öl. Hier bemühte sich das Landesamt. Der Grund für diese staatliche Abstinenz liegt in der Unabhängigkeit der Feuerwehren, die lediglich im Landesamt für Feuerschutz, einer technischen Behörde des Innenministeriums beraten werden. „Wir können selbst keine Initiative ergreifen“, versichert die Außenstelle des Landesamts in Ansbach. „Wenn jemand eine gute Idee hat, dann kann er sie auf dem Dienstweg an die Regierung herantragen“, so sagt man in München.

Der Dienstweg im Fürther Fall sähe folgendermaßen aus: die Feuerwehr Fürth, die das Gerät erprobt, müsste der Stadtverwaltung ein unverbindliches Gutachten vorlegen. Die Stadt würde dieses Gutachten an die Außenstelle des Landesamts für Feuerschutz weiterleiten, das Landesamt die Regierung von Mittelfranken interessieren. Von dort käme der Bericht über die Neuentwicklung zum bayerischen Innenministerium.

25. Oktober 1963: Langer Dienstweg für den Rettungsschlauch

© Knut Meyer

Dann befasst sich die Zentrale des Landesamts für Feuerschutz mit dem Vorschlag. Doch erst nach einer Prüfung des Geräts durch den Bayerischen Gemeinde-Unfall-Versicherungsverband in München kann die Neuerung auch formell durch eine Entschließung des Innenministeriums sanktioniert und im offiziellen Organ „Brandwacht“ empfohlen werden.

Vorläufig aber hält der Unfallversicherungsverband noch einige kleine Verbesserungen am Fürther Rutschschlauch für nötig.

Die Unfallverhütungsvorschriften nämlich verbieten den Aufenthalt eines Feuerwehrmannes auf der bewegten Leiter. Dabei wird jedoch zugestanden: wenn Menschenleben in Gefahr sind, kann auch über die Vorschrift hinausgegangen werden.

„Im Ermessen der Feuerwehren“

Doch selbst wenn das Gerät empfohlen ist, wird es von Industrie und der Eigeninitiative der einzelnen Feuerwehren abhängen, ob sie den Rutschschlauch anschaffen. Denn Brandrat Bauer aus Nürnberg versichert: „Genormt ist die Ausrüstung der Löschfahrzeuge und der Leitern durch den deutschen Normenausschuß. Was speziell noch aufgeladen wird, liegt im Ermessen der einzelnen Feuerwehren selbst.“

Und Mannheims Kommandant Magnus versichert: „Wir haben in Deutschland Normungsstellen von Pumpen und Fahrzeugen in Regensburg, für Schläuche in Celle und für Handfeuerlöscher in Münster. Eine Normung für Rettungsgeräte gibt es in Deutschland nicht.“

Bekannt werden Neuentwicklungen im Rettungswesen dann, wenn diese in der Arbeitsgemeinschaft der Berufsgenossenschaft diskutiert werden, wenn Firmen an ihnen interessiert sind, und wenn sich die einzelnen Fachzeitschriften mit ihnen beschäftigen. Der Staat aber gibt Zuwendungen nicht zur Entwicklung selbst, sondern erst bei der Anschaffung durch andere Wehren. Dann aber muss das Gerät vollerprobt und empfohlen sein.

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