3. Dezember 1962: "Brot für die Welt"

3.12.2012, 07:00 Uhr
3. Dezember 1962:

© Gerardi

Er eröffnete für alle Gemeinden in West und Ost die vierte Sammlung „Brot für die Welt“. Von der Stirnwand der Messehalle leuchtete das überdimensionale Symbol dieser Kollekte: es zeigt die ausgestreckte Hand eines Hungernden, der nach Bot greift.

Auf der Bühne hatten die vereinigten Nürnberger Posaunenchöre und der Christliche Sängerbund Platz genommen. Nach einem Adventslied grüßte Dekan Kirchenrat Fritz Kelber die Vertreter von Kirche und Staat unter den Tausenden aus Nürnberg und Umgebung. „Das Elend in der Welt geht die Christenheit an“, stellt der Dekan fest. Dankbar erwähnte er, daß in den Nürnberger Gemeinden die Sammlung „Brot für die Welt“ bisher ein gutes Echo gefunden habe.

3. Dezember 1962:

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Erstmals stand der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Scharf, vor der Nürnberger Gemeinde. Wissenschaft und Technik, auf christlichem Boden gewachsen, hätte bewirkt, daß heute mehr Menschen am Leben blieben als in früheren Generationen, sagte der Kirchenführer. Auch der Mensch in den entlegensten Gebiete wolle heute als „Mensch“ geachtet werden. Das habe das Evangelium bewirkt.

 

Noch immer sind aber zwei Drittel der Menschheit unzureichend ernährt: 24 Millionen Kinder und Jugendliche sterben Jahr für Jahr, weil sie nicht genügend versorgt sind. „Seid ihr Christen bereit, die materiellen Opfer zu bringen, die zur Steuerung dieser Not gebraucht werden?“ fragte Präsens Scharf. Die heidnischen Religionen mit ihren lebensverneinenden Lehren seien nicht in der Lage, dem leidenden Nächsten zu helfen. „Wir Christen sind gefragt nach unserer Menschlichkeit.“ Der Ratsvorsitzende forderte junge Menschen zum „Dienst in Übersee“ auf, um mit den Geldspenden auch „den Namen Jesu hinauszutragen“.

 

Der Bischof der Methodistenkirche Deutschlands, Dr. Friedrich Wunderlich, Frankfurt, knüpfte an die Geschichte von der Speisung der 5000 an und bat: „Gebt ihnen zu essen!“ Die christliche Botschaft wirke unglaubhaft, wenn nicht alles getan werde, was in unseren Kräften steht, um Hunger, Armut und und Krankheit in der Welt zu bekämpfen. „Das Brot, das wir im Überfluß haben und vielleicht in den Mülleimer werfen, gehört dem Hungernden draußen“, unterstrich der Bischof.

3. Dezember 1962:

© Gerardi

Als Vorsitzender des Verteilungsausschusses „Brot für die Welt“ teile Oberkirchenrat Heinrich Riedel, München, mit, daß bei den bisherigen drei Sammlungen insgesamt 60 Millionen DM zusammengekommen sind, die für 300 Projekte aufgegeben wurden. Wenn man bedenke, daß 1960 in der Bundesrepublik 36,5 Millionen DM für Faschingsartikel und 20,5 Milliarden DM für Alkohol und Tabak ausgegeben worden sei, dann werde deutlich, daß der Blick für die Not des „fernen Nächsten“ noch nicht genügend geschärft sei.

Aus den Nürnberger Nachrichten vom 3. Dezember 1962

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