"Absurdes im Alltag" in und aus Altdorf

17.10.2014, 20:37 Uhr
Die Altdorfer Autorin Ursula Muhr las in ihrer Heimat.

Die Altdorfer Autorin Ursula Muhr las in ihrer Heimat.

Die Altdorfer Autorin zeigte sich bei ihrem "Heimspiel" in ihren lebendig vorgetragenen Texten von einer ganz anderen Seite. An den Anfang stellte sie Gedanken über das besondere Verhältnis des vom "Bildungsmasochismus" heimgesuchten Publikums und Autoren, die leider gar zu oft "erfolgreich freudlos" wirken. Das, so Muhr, müsse aber doch nicht zwangsläufig so sein. Schließlich gebe es hier in Altdorf das Café Riedner und die tolle Idee Evi Krassers, eine kleine Kulturreihe zu schaffen.

In einer solch angenehmen Atmosphäre mache allen Beteiligten viel Freude, dabei zu
sein. Herrlich paradox Real existierenden Irrsinn entlarvte dann ihr erster Text "Die Crux mit den Briefmarken". Herrlich paradox dabei die Post-Bestimmungen beim Versand von Plakaten in Rollen oder bei Büchersendungen. Die Pointe dabei: Da war nichts ausgedacht! Da sie während ihrer Zeit als Stadtschreiberin in Gotha ihren Wohnsitz in München hatte, war häufiges Abrufen der eingegangenen Telefonate auf ihrem Anrufbeantworter nötig.

Oma, warst Du früher auch einmal eine Frau?

In "Computer unter sich" berichtete sie von der unheilvollen "Beziehung" ihres ABs zur Außenwelt und von der Schreckensvision, Computer könnten sich untereinander verständigen. Diese kabarettistischen Einlagen - engagiert und temperamentvoll vorgetragen - zeigen den genauen Blick Muhrs auf die Befindlichkeiten und vor allem die Unsäglichkeiten unseres Lebens. Lapidar bemerkte sie dazu: "Man ist von den Gewalten des Blödsinns umgeben." Zum Schluss der ersten "Halbzeit" widmete die Autorin dem Altdorfer Café eine kurze Passage aus ihrem letzten Krimi "Wallensteins Tod" und verewigte damit dessen legendären Apfelstrudel und "besten Florentiner Obstkuchen nördlich der
Alpen".

Zeitgeistiges "Wurmalarm im Kreml" befasste sich mit der "Sensationslüsternheit" der Presse, die sich nicht entblödet, aus einer nicht vorhandenen Maus einen Elefanten zu machen. Dann war das Werbe-Fernsehen an der Reihe: Die "Werbungsverächterin" Muhr entfachte dann mit "Genau nach Rezept" ein kleines Trommelfeuer aus Diät, Abführtropfen, Inkontinenz, Haarausfall, Blut beim Zähneputzen – bis hin zum Stuhlweichmacher.

Diesen allabendlichen Belästigungen kann sie halt so gar nichts abgewinnen. Schon eher den weisen Einsichten ihrer Enkelin, die bei einem gemeinsamen Zoobesuch angesichts einer Schildkröte ins Grübeln kam und ihr plötzlich eröffnete, sie wisse jetzt "wie es geht": Man wird alt und älter und schließlich stirbt man. Und da die Oma schon "schrumpfig" ist … Muhr nahm es gelassen angesichts einer anderen Kinderfrage: "Oma, warst Du früher auch einmal eine Frau?" Köstlich auch die mit feiner Ironie vorgetragenen Beobachtungen zum scheinbar allumfassenden Thema "Diät" - nicht nur die vorwiegend weiblichen Besucher im Café waren begeistert.

Fränkisches aus der Kindheit

Von einer anderen Seite zeigte sich Muhr bei ihren Erinnerungen an die Kindheit, etwa vom – natürlich absolut nachvollziehbaren – weihnachtlichen Kampf ihres Vaters um "echde fränggische Gniedler". Aber auch von den vielen, schönen Wanderungen in unserer Region, bei denen der Vater immer besser wusste, wo es langging, als der kleine Führer von Anton Leidinger, den die Mutter als Ratgeber bevorzugt hätte. Und der Onkel hatte dabei stets eine Abkürzung parat.

Typisch fränkischer Humor lag auch in der "Gschichd vom ledsdn Worschdrädler", die sie in akribischen Details und Erwägungen erzählte. Aber es ist ja auch wirklich nicht einfach zu entscheiden, ob es, weil übrig geblieben, noch einmal in den Kühlschrank zurückgelegt werden sollte, oder müsste, oder dürfte … wunderbar absurde Dialoge, die tief ins fränkische Wesen blicken ließen. Drei kleine Zugaben mussten es schließlich sein – dann erst war Muhrs "Heimspiel" im proppenvollen Altdorfer Café beendet. Gewonnen hatten alle.

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