An den heiligen Wassern der Pegnitz

20.8.2009, 00:00 Uhr
An den heiligen Wassern der Pegnitz

Natürlich will die Joggerin wissen, wer sich hier taufen lässt und was es damit auf sich hat. Von der Religionsgemeinschaft der aus dem Irak stammenden Mandäer, die auch in Deutschland an ihren religiösen Traditionen und Ritualen festhalten, hat sie noch nie etwas gehört. So geht es vielen Nürnbergern, die hier vorbeikommen und neugierig stehenbleiben.

Faid und Ameel sind es gewohnt, dass in ihrer Wahlheimat Deutschland das Wissen über ihre kleine Religionsgemeinschaft sehr gering ist. Für Ameels Schwiegervater, Prof. Sabih Alsohairy, ist es längst zu einer Berufung geworden, den Menschen hierzulande mehr über die Mandäer und ihre Verfolgung im Irak zu erzählen. Er hatte jahrelang eine Gastprofessur für Mandäisch an der Uni Heidelberg, und ist noch jetzt manchmal an der FU Berlin tätig. Das Schönste daran: Jogger, Grillparty-Besucher und andere Zaungäste an den Pegnitzauen brauchen gar keine Angst zu haben, missioniert zu werden. Denn das tun Mandäer – eine friedliebende Religionsgemeinschaft, der jegliche Gewaltanwendung verboten ist – nicht. Mehr noch: Sie sorgen auch dafür, dass ihre Kinder, wann immer möglich, nur innerhalb der Gemeinschaft heiraten.

Warum ist die Wiedertaufe auch für die rund 1200 Mandäer wichtig, die in Deutschland leben (500 von ihnen in Nürnberg)? Weil dies eines der zentralen Rituale der Gemeinschaft ist, die Johannes dem Täufer folgt. Sie versteht sich als Urreligion aus der Zeit Adams und Evas und hat mit dem Ginza-Rabba (das großartige Buch) und dem Johannesbuch eigene Bücher und eine eigene Sprache. Die Taufe dient der Reinigung, dem Heil und der Sündenvergebung. Sie ist beliebig wiederholbar. Jeder Mandäer hat einen geheimen Taufnamen, den er nur dem Priester verrät. Das tun auch Faid und Ameel. Viele andere Mandäer aus Nürnberg und München nutzen die Gelegenheit, sich ebenfalls wiedertaufen zu lassen, wenn schon einmal ein Priester hier ist. Manche lassen ihre Kochtöpfe in der Pegnitz vom Priester segnen. Die Münchnerin Ghada Naju Mutasher lässt sich zum siebten Mal in ihrem Leben taufen, das dritte Mal in Nürnberg, drei Mal im Irak und zwei Mal während ihrer Flucht in Syrien. Der jüngste Täufling ist

der achtjährige Marco aus Nürnberg. Er ist hier aufgewachsen und lässt sich nun taufen, «damit ich ein Kind Gottes werde».

Rebekka Nieten ist eigens aus Berlin angereist, um die Feier aus wissenschaftlichem Interesse zu verfolgen. Die Dozentin an der Freien Uni Berlin, Seminar für Semitistik und Arabistik, ist begeistert: «Wir sind neidisch, dass die Mandäer ihre größte Gemeinde deutschlandweit in Nürnberg haben. Wir hätten sie so gerne in Berlin,» sagt die gläubige Jüdin.

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