Annäherung in Oberasbach mit Musik-Noten

11.10.2015, 13:00 Uhr
Annäherung in Oberasbach mit Musik-Noten

© Foto: Sabine Rempe

Die Idee ist überzeugend: „Musik ist eine universelle Sprache“, sagt Olaf Eckle, Musiklehrer am Bonhoeffer-Gymnasiums, „und gemeinsames Musizieren verbindet ohne große Worte.“ Was liegt also näher, als einen Schüleraustausch auf dieser Basis zu organisieren? Partner bei diesem Projekt soll das „Youth-Orchestra of Kfar Vradim“ werden, ein Musikschul-Blasorchester, zu dem Jugendliche aus verschiedenen Schulen in Galiläa gehören.

Kfar Vradim ist eine kleine Stadt im Norden von Israel, rund 14 Kilometer von der libanesischen Grenze entfernt. Bereits seit 1997 gibt es am Oberasbacher Gymnasium einen Austausch mit einer palästinensischen Mädchenschule in Ost-Jerusalem. Eckle macht klar, dass die geplante neue Begegnung auf keinen Fall damit in Konkurrenz treten will, sondern ganz im Gegenteil als Ergänzung verstanden werden soll. Der Kontakt mit der Musikschule von Kfar Vradim und ihrem Leiter Reuven Malach war zustande gekommen dank Ilan Katz, einem israelischen Lehrerkollegen, der in Oberasbach unter anderem im April 2013 über die Situation in Nahost referierte.

Proben in Heimatländern

Gemeinsam mit seinen Kollegen Jürgen Rother und René Hurtienne, die beiden sind ebenfalls Lehrer am Bonhoeffer, informierte sich Eckle bereits vier Tage lang vor Ort in Kfar Vradim über die Möglichkeiten eines Besuchsprogramms. Das könnte nun so aussehen: „Die Schul-Ensembles üben zunächst zuhause in ihren regulären Proben die gleichen Stücke ein, beim jeweiligen Treffen wird dann eine große, gemeinsame Big Band gebildet.“ Das vereinbarte Repertoire könnte dann die Grundlage für eine Reihe von Konzerten und Auftritten im Gastland sein. Außerdem ist angedacht, dass sich die Schüler zu Jazz-Combos zusammenfinden, die möglichst selbstständig weitere Titel erarbeiten.

„Auf diese Weise können sich die Jugendlichen gegenseitig kennenlernen und erfahren die Kultur des anderen jeweils direkt durch den Ausdruck seiner Interpretation.“ Dies sei ein Dialog, der sogar tiefer greifen könne, als das gesprochene Wort. Die Jungen und Mädchen sollen jeweils in Familien wohnen, um auch auf diese Weise möglichst viel vom Alltag in der unbekannten Umgebung zu erleben.

„Israel ist ein so vielschichtiges Land, dass es eigentlich nur im ganz persönlichen Erleben möglich ist, ein differenzierteres Bild davon zu bekommen“, erklären die drei Pädagogen, die bereits viel Zeit und Überlegungen in die Vorbereitung investiert haben. „Aus der Entfernung ist es leicht, Urteile zu fällen und Einschätzungen abzugeben“, sagt René Hurtienne, „aber wenn man vor Ort ist, dann gewinnt man rasch eine gewisse Demut vor der Komplexität der Probleme.“ Für die drei Lehrer liegt eine große Chance des Projekts darin, dass „es bei den ersten Begegnungen bereits eine gemeinsame Ebene gibt, nämlich dank der Musik, die allen vertraut ist“.

Keine Verpflichtung

Selbstverständlich sind sich alle Beteiligten bewusst, dass im Hinblick auf die Sicherheit die Situation in der Region stets im Blick bleiben muss. Eine zwangsläufig kurzfristige Absage der anvisierten Reise könne deshalb je nach aktueller Lage nicht ausgeschlossen werden. Grundsätzlich wolle man im Bonhoeffer-Gymnasium den Schülerinnen und Schülern aber einen offenen Blick auf die Welt vermitteln, nicht zuletzt sei eben dies auch Grundlage einer „Schule ohne Rassismus, aber mit Courage“. Für die jungen Musikerinnen und Musiker der Oberasbacher Schul-Big-Band wird es keine Verpflichtung zur Teilnahme geben: „Wer möchte, kann sich anmelden.“

Bei der Planung des musikalischen deutsch-israelischen Austauschs, der vom Bayerischen Jugendring finanziell gefördert wird, spielt natürlich auch die Beschäftigung mit dem Holocaust eine wesentliche Rolle. Bei ihrem Studienbesuch setzten sich die Pädagogen deshalb unter anderem damit auseinander, wie ein Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem mit Schülern gestaltet werden könnte.

Das Ziel des neuen Projekts, das 2016 starten könnte, liegt für Olaf Eckle, Jürgen Rother und René Hurtienne auf der Hand. Die Eindrücke sollen das Verständnis fördern, möglicherweise sogar Freundschaften anregen und für jeden, der mitmacht, die Chance eröffnen, dass „aus den üblichen schwarz-weißen Darstellungen, die man im Kopf hat, farbige Bilder mit viele Facetten werden“.

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