Auferstanden aus Ruinen: Nürnberger Symphoniker werden 70

15.2.2016, 21:05 Uhr
Auferstanden aus Ruinen: Nürnberger Symphoniker werden 70

© Fotos: Bildarchiv der Nürnberger Symphoniker

Der Bayerische Rundfunk wird das Jubelkonzert (mit Martin Stadtfeld ist ein ausgewählter künstlerischer Stargast eingeladen) mitschneiden und am 1. Juni ausstrahlen - denn das ist der eigentliche Gründungstag des Orchesters. Am 1. Juni 1946 wurde das Fränkische Landesorchester aus der Taufe gehoben und Willy Luther sowie Georg Trummeter zu seinen Geschäftsführern bestellt.

Wobei einige die eigentliche Geburtsstunde auf den 29. Juli 1945 datieren, als in den Ruinen der Sebalduskirche das erste Nachkriegskonzert mit Haydns "Schöpfung" gegeben wurde. In der mühsam zusammengetrommelten Instrumentalistenschar, die noch als "Orchester der Konzertgesellschaft" firmierte, befanden sich auch Mitglieder des Vorgängerklangkörpers, der sich Nordbayerisches Landesorchester nannte und ein gleichgeschaltetes Nazi-Orchester war.

"Volkskonzerte" in der Oper

Wegen seiner langwierigen Entnazifizierung durfte Erich Kloss das Amt des Chefdirigenten erst 1949 aufnehmen. Eine Funktion, die er bis zu seinem Tod 1968 innehatte. Die Ära Kloss stand für die dynamischen Wiederaufbaujahre: Man spielte hauptsächlich in den Bucher Sälen oder in der alten Messehalle am Stadtpark. 1952 erfand Kloss die "Volkskonzerte" im Opernhaus.

Wer sich mit den Symphonikern befasst, bekommt es mit einem großen Treue-Phänomen zu tun. Es gibt Familien, in denen wird das Symphoniker-Abo bereits in die dritte Generation vererbt. Aber auch besondere personelle Kontinuität fällt auf. So diente neben seinem Vater Willy auch Peter Luther über Jahrzehnte dem Orchester als Verwaltungsleiter. Hans Welk, der 1960 den ehrenamtlichen Vorsitz des Trägervereins für 22 Jahre übernahm, besucht auch als über 90-Jähriger noch regelmäßig die Konzerte "seiner" Symphoniker.

Auferstanden aus Ruinen: Nürnberger Symphoniker werden 70

© Archiv

Welks Nachfolger Herbert Coerper füllt die Funktion nun bereits seit 34 Jahren aus. Auch Edmund Giebfried hat fast sein ganzes Berufsleben den Symphonikern gewidmet. Der Klarinettist und Pianist ist das letzte noch lebende Gründungsmitglied. Der heute 94-Jährige kam 1946 zum Orchester und blieb bis zum Beginn seines Ruhestands 1982. In dieser Zeit hat er die ersten fünf (von insgesamt zehn) Chefdirigenten miterlebt. "Jeder hatte auf seine Art seine Qualitäten", lautet Giebfrieds mildes Urteil über seine Chefs. "Kloss war sicherlich der väterlichste und auch der strengste Typ. Unter Othmar Maga, Günter Neidlinger und vor allem Werner Andreas Albert weitete sich das Repertoire erheblich aus", erinnert sich Giebfried, zu dessen berühmtesten Schülern Norbert Nagel gehört.

Marksteine in der Orchestergeschichte waren der Einzug in die Meistersingerhalle als festes Stammquartier und die damit verbundene Umbenennung in Nürnberger Symphoniker 1963, aber auch die Kooperationskonzerte mit den Philharmonikern 1977 (Gustav Mahlers "Sinfonie der Tausend") und 1981 (Arnold Schönbergs "Gurre-Lieder"). Eine späte Wiederholung, die jedoch sehr viel Unfrieden zwischen den Orchestern säte, gelang Christof Prick im Januar 2006 mit einer abermaligen gemeinschaftlichen Aufführung der „Gurre–Lieder“.

Zusammenarbeit mit Filmstudios

Bereits 1960 hatte das Orchester Quartier im Torso der Kongresshalle am Dutzendteich bezogen. Dort wurde auch ein Tonstudio eingerichtet, und damit festigten die Symphoniker ihren Ruf als Filmorchester. Die Zusammenarbeit mit den Filmstudios von Hollywood besteht bereits seit den 50er Jahren, so wurde 1953 die Filmmusik von "Quo vadis" und 1959 die Musik zum Filmklassiker "Ben Hur" eingespielt.

Im Jahr 1992 erhielten die Nürnberger Symphoniker in der Kategorie "Best Pop Instrumental Performance" einen "Grammy Award" – den begehrtesten Preis der Plattenindustrie – für ihre Aufnahme der Titelmelodie zur TV-Serie "The Beauty and the Beast". Mittlerweile gehört das Orchester zu den Säulen der "Stummfilm-Musiktage" und arbeitet hier regelmäßig mit Deutschlands führendem Filmdirigenten Frank Strobel zusammen.

1982 erfand Intendant Günter Einhaus die Sonntagsreihe und seit 1986 dient der Serenadenhof als sommerliche Open-Air-Spielstätte. Ihren Aktionsradius haben die Symphoniker seither mächtig erweitert. Neben regelmäßigen Abstechern ins fränkische Umland, etwa nach Ansbach, Weißendorf, Lauf oder Zirndorf, gab es in den letzten Jahren verstärkt Auslandsgastspiele, etwa in der tschechischen Metropole Prag, in Wien, im Linzer Brucknerhaus oder in Mailand. Nach Ruhestand hört sich das alles nicht an.

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