Bettina Wulff sagt alle PR-Termine ab

16.9.2012, 13:24 Uhr
In einer Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Focus" sagten 72 Prozent der Bundesbürger, sie hielten dies für nicht richtig. 28 Prozent sahen dagegen keine Probleme in diesen Äußerungen der ehemaligen First Lady.

© dpa In einer Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Focus" sagten 72 Prozent der Bundesbürger, sie hielten dies für nicht richtig. 28 Prozent sahen dagegen keine Probleme in diesen Äußerungen der ehemaligen First Lady.

Diese Woche sollte die Woche der Bettina Wulff (38) werden. Im Fernsehen wollte sie eine ganze Menge über sich richtigstellen: zum Beispiel dass sie niemals als Prostituierte gearbeitet hat, sondern das Opfer einer Verleumdungskampagne ist. Doch jetzt hat die ehemalige First Lady alle Auftritte abgesagt. Einen Grund nennt sie nicht. Man darf vermuten: Die massive Kritik an ihrem Buch «Jenseits des Protokolls» hat sie überrascht und getroffen.

«Jetzt rede ich!» steht unter ihrem Gesicht auf dem aktuellen «Stern». Das wäre auch ein passender Titel für ihre Autobiografie gewesen, besser als «Jenseits des Protokolls», was eher an einen Blick hinter die Kulissen des höchsten Staatsamtes denken lässt. Gerade darüber aber verliert sie nicht viele Worte. Es geht ihr nicht um Christian Wulff und schon gar nicht um das Amt, es geht ihr um sich selbst.

Es gehört nicht viel Fantasie dazu, um sich vorzustellen, wie Bettina Wullfs Auftritt am Dienstagabend bei Sandra Maischberger abgelaufen wäre. Sicher hätte sie noch einmal geschildert, wie verdammt aufreibend die Zeit im «Bellevue» gewesen ist. Tolle Erfahrung zwar, aber unglaublich hart. Vor allem auch für die Kinder. Ihr achtjähriger Sohn wurde auf dem Schulhof beschimpft: «Deine Eltern sind Lügner, hat mein Papa gesagt.» An all dies, so klagt sie immer wieder, hätten die Medien wohl nie einen Gedanken verschwendet, als sie die Wulffs mit Vorwürfen überhäuften.

Ein Buch hat gegenüber einem Fernsehauftritt den großen Vorteil, dass man dort jedes Wort abwägen kann. Doch gerade das hat Bettina Wulff nach übereinstimmendem Kritikerurteil versäumt. Sie erzählt verblüffend ungefiltert und naiv. «Ich habe bei Männern kein festes Beuteschema», heißt es da. Oder: «Christian verdiente damals um die 13 500 Euro brutto, doch nach allen Steuerabzügen plus den Unterhaltsverpflichtungen (...) blieben unterm Strich nur an die 3500 Euro netto.»

Auffällig ist, wie sie sich immer wieder darum bemüht, zu ihrem Mann auf Distanz zu gehen. «Im Nachhinein kann ich sicher sagen, dass ich in der Presse relativ gut abgeschnitten habe, im Gegensatz zu Christian», schreibt sie. «Jedoch umso ärgerlicher war und ist es für mich, dass wir oftmals über einen Kamm geschoren und in einen Topf geworfen wurden und auch immer noch werden. Apropos: Ich denke schon, dass wir beziehungsweise mein Mann mit Informationen hätte durchaus anders umgehen sollen.» Während seiner kurzen Rücktrittsansprache habe sie sich «ganz bewusst» ein Stück von ihm entfernt aufgestellt, um zu zeigen, dass sie eine eigenständige Frau sei.

«Mir ist es nicht egal, was andere über mich denken», beteuert Bettina Wulff, und leicht abgewandelt zieht sich dieser Satz durch das ganze Buch. Sie leidet unter ihrem Image, sie will es unbedingt ändern. Das hat sie dazu verleitet, schon sieben Monate nach dem Rücktritt von Christian Wulf die Öffentlichkeit zu suchen und sich mit einem Verlag zu verbinden, der Titel vertreibt wie «Ein Idiot kennt keinen Schmerz» oder ««Arschlöcher kommen immer zuerst».

Die Rotlicht-Gerüchte machte sie durch ihr Buch und die Klagen gegen Google und Günther Jauch erst richtig bekannt: Nach einer repräsentativen Umfrage für «Bild am Sonntag» waren die hauptsächlich im Internet verbreiteten Unterstellungen vier von fünf Deutschen vorher unbekannt. Jeder zweite glaubt demnach, dass das Buch Christian Wulff geschadet hat.

Die Kritik, die in den vergangenen Tagen über Bettina Wulff hereingebrochen ist, lässt keinen anderen Schluss zu als den, dass sie sich mit ihrem Buch einen schlechten Dienst erwiesen hat. Es ist offensichtlich, was sie riskiert hätte, wenn sie ihre Ansichten nun auch noch vor laufender Kamera ausgebreitet hätte. Der Schaden hätte dann noch deutlich größer ausfallen können.
 

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