Domizil für die Zukunft

10.3.2015, 08:38 Uhr
Domizil für die Zukunft

© Renner

In seinem Privatauto habe er einen Schalthebel mit einer von Oechsler gefertigten Blende aus Keramik, erzählte Landrat Gerhard Wägemann und fügte lobend an: „Er fühlt sich deutlich besser an als ein gewöhnliches, kaltes Kunststoffteil.“ Das entlockte wiederum den Zuhörern im neuen Produktions- und Entwicklungszentrum einen Applaus. Mitarbeiter und geladene Gäste waren zu der Feier gekommen.

Im Mai vergangenen Jahres war der Spatenstich für das Gebäude gefallen. Nur neun Monate später erfolgte die offizielle Eröffnung. Wenngleich der Betrieb dort schon länger läuft. „Seit der planmäßigen Fertigstellung im November sind mittlerweile alle Bearbeitungsschritte des mehrstufigen Fertigungsprozesses im laufenden Betrieb umgezogen, sodass nun Zeit für die Einweihungsfeier gefunden wurde“, heißt es in einem Oechsler-Pressetext.

Auf einer Fläche von 2100 Quadratmetern werden nun alle Schritte der Keramikfertigung in optimalen logis­tischen Abläufen abgewickelt. Oechsler produziert in dieser Sparte hochwertige Bauteile für die Innenausstattung von Mittel- und Oberklasseautos. Die Keramikoberfläche vermittelt ein besonders hochwertiges Materialgefühl. Die Teile heizen sich in der Sonne kaum auf und Behalten stets eine angenehme Anfasstemperatur.

Hoher Exportanteil

Mittlerweile arbeiten über 40 der derzeit 280 Mitarbeiter im Oechsler-Werk an der Dettenheimer Straße für das Geschäftsfeld Keramik. Binnen eines Jahres wurden in diesem Bereich 15 Mitarbeiter eingestellt. Die Keramik wird an Kunden in Deutschland, Rumänien, Mexiko und Portugal mit einem Exportanteil von 85 Prozent geliefert. Die Sparte habe mittlerweile „weit über zehn Millionen Euro“ Umsatz und liefert ein Drittel des Ge-samtumsatzes des Weißenburger Werks, berichtete Vorstandsmitglied Christoph Faßhauer.

Kein Wunder, dass das Management der Oechsler AG im Keramikbereich „eine Schlüsseltechnologie für Wachs-tum im Geschäft mit Automobilkunden, aber auch Abnehmern anderer Industriezweige sieht“, wie es in der Pressemitteilung des Unternehmens heißt. Aus diesem Grund seien im neuen Gebäude auch Anlagen für Weiterentwicklungen der bestehenden Produktpalette sowie die Entwicklung neuer Produkte angesiedelt.
Das Geschäftsfeld leitet Matthias Weißkopf. Ihn lobte Faßhauer ausdrücklich für dessen Einsatz. Weißkopf habe nicht nur Kunden gegen­über wertvolle Arbeit geleistet, sondern sich auch nicht gescheut, „die Hände schmutzig zu machen.“ Lob gab es vom Vorstand ferner für alle am Bau beteiligten Firmen und Oechsler-Mitarbeiter. Namentlich nannte er Produktionsleiter Hans-Joachim Heider, sowie Gerhard Rebelein und Markus Christ.

Der Keramikbereich im Hause Oechsler weist nach Lesart von Faßhauer „viele Parallelen zu einem Start-Up“ auf. Vor zehn Jahren habe Oechsler für Siemens Handygehäuse geliefert. Der Konzern sei dann auf die Oechsler AG mit Wunsch nach Keramikgehäusen für Handys zugekommen. Die Fertigung sei letztlich gelungen, aber Siemens habe zwischenzeitlich seinen Handy-Bereich an BenQ verkauft.

Just als die ersten Teile an das Unternehmen im nordrhein-westfälischen Kamp-Lintfort geliefert werden sollten, wurde dessen Insolvenz bekannt. „Der Lkw-Fahrer erhielt einen Anruf: nicht abladen“, berichtete Faßhauer. Es läuft eben bei einem Start-Up nicht immer alles glatt.
Parallel habe BMW nach einem Zulieferer von Keramikteilen für das Interieur seiner Limousinen gesucht. Der Automobilkonzern traute schließlich Oechsler die Entwicklung zu, erzählte der Vorstand nicht ohne Stolz.

Anfänglich habe die Sparte lediglich über eine Spritzgussanlage im Werk Ansbach verfügt. Zur Weiterverarbeitung seien die zu Beginn der Prozesskette entstehenden sogenannten Grünlinge ins Werk im oberfränkischen Küps gebracht worden, um später wieder in Ansbach vollendet zu werden.

Die Prozesse wurden weiterentwickelt und Oechsler entschloss sich, die Sparte in Weißenburg anzusiedeln. An vier Stellen in den hiesigen Werkshallen wurde mit der Keramikpro­duktion begonnen und eine „ganz tolle Technologie-Sparte geschaffen“, freu­te sich Faßhauer. Bald drängte sich ein Neubau für den Geschäftsbereich auf. „Ich bin überzeugt, dass wir eine gute und richtige Entscheidung getroffen haben“, machte der Vorstand deutlich.

Dies zeige, dass es auch im Automotive-Bereich möglich sei, in Deutschland zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen, unterstrich er. Damit sei der Standort, der zuvor bei Oechsler etwas hinterher gehinkt sei, deutlich gestärkt worden.

Für die Stadt bedeutend

Darüber freuten sich in ihren Grußworten besonders Landrat Gerhard Wägemann und Weißenburgs Oberbürgermeister Jürgen Schröppel. Für die Stadt sei das Hightech-Geschäftsfeld von enormer Bedeutung, weil es sich um eine Zukunftssparte handele. Das Stadtoberhaupt freute sich, dass der Neubau in so kurzer Zeit gelang. Dies zeige auch, dass man in der Stadtverwaltung nicht die Hände in den Schoß lege, „wenn jemand aus der Wirtschaft kommt und etwas bauen will.“

Gleiches gilt für das Landratsamt, das in Fragen des Immissionsschutzes an den Genehmigungen beteiligt war. Landrat Wägemann: „Es ist natürlich auch mein Interesse, den Landkreis als Wirtschaftsstandort nach vorne zu bringen.“

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