Der heimliche Chef der Oberasbacher Verwaltung geht

9.1.2016, 13:00 Uhr
Der heimliche Chef der Oberasbacher Verwaltung geht

© Thomas Scherer

Haben Sie den 1. Januar heuer anders erlebt als sonst, Herr Stünzendörfer?

Wilfried Stünzendörfer: Darüber habe ich noch nicht groß nachgedacht. Einerseits ist das Datum 1. Juli, zu dem ich aufhöre, noch sehr weit weg, andererseits wird die Zeit, die bleibt, rasend schnell vergehen. Wenn meine Nachfolge geregelt ist, bin ich beruhigter. Meine Abteilung und viele Mitarbeiter der Stadt stehen mir sehr nahe. Freundschaften sind entstanden. Es klingt ein wenig pathetisch, aber ich möchte, dass alles in gute Hände kommt. Wir sind jetzt schon in der zweiten Vorstellungsrunde, ich hätte nicht gedacht, dass sich das alles so lange zieht.

 

Ist Ihr Job derart kompliziert oder unattraktiv?

Stünzendörfer: Für jemanden, der das wie ich seit 25 Jahren macht, die Strukturen und Befindlichkeiten kennt, bestimmt nicht. Schwierig ist sicher die Personalarbeit. Man hat mit Schicksalen zu tun, dienstlich und privat. Eigentlich bräuchte man noch eine psychologische Ausbildung. Ich habe generell immer versucht, einen gemeinsamen Lösungsweg zu finden. Manchmal geht das aber nicht, dann gibt es nur schwarz oder weiß. Da sind dann auch Zeiten dabei gewesen, in denen man bestimmte Dinge nicht einfach abstreifen kann, wenn man nach Hause geht.

 

Was hat Ihnen an Ihrer Arbeit besonders gut gefallen?

Stünzendörfer: Eigentlich war ich in meiner Position über all die Jahre der heimliche Chef der Verwaltung. Offiziell ist das natürlich der Bürgermeister oder wie jetzt die Bürgermeisterin. Aber der geschäftsleitende Beamte der Stadt Oberasbach hatte schon immer freie Hand, das war bereits bei meinem Vorgänger so.

 

Sie haben in Ihrer Amtszeit als geschäftsleitender Beamter drei Bürgermeister erlebt. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Stünzendörfer: Andreas Güllering war für mich der Vorzeigebürgermeister, sehr leutselig, sehr sympathisch im Auftreten nach außen, er konnte repräsentieren. Ich hatte zu ihm ein sehr gutes Verhältnis, genau wie danach zu Bruno Allar und nun zu Birgit Huber. Die Chemie hat immer gestimmt

 

Bürgermeister kommen und gehen, die Verwaltung bleibt. In Ihrer Position könnte man doch locker nach der Devise handeln: „Wer unter mir Bürgermeister ist, ist mir egal.“

Stünzendörfer: Da gehören immer zwei dazu, und für solche Machtspiele bin ich nicht der Typ. In dieser Position hätte man bestimmte Möglichkeiten, aber ich wollte das nie. Mir wurde sogar einmal die Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters angetragen. Aber das kam für mich nicht in Frage. Ich liebe meine Arbeit, aber Familie und Freizeit wiegen mehr. Ich wäre gerne Kämmerer geworden, denn ich bin ein Zahlenmensch, aber das hat sich eben nie so ergeben.

 

Sie haben Erfahrung mit einem SPD- und zwei CSU-Mandatsträgern gemacht. Welche Rolle spielt in der Kommunalpolitik das Parteibuch?

Stünzendörfer: Es geht um Sachpolitik zum Wohle des Bürgers. In der Personalpolitik der Stadt spielt das Parteibuch keine Rolle, und das ist gut so. Ich habe übrigens auch keines. Im Stadtrat kommt es auf die Mehrheitsverhältnisse an, ob ein Wahlkampf bevorsteht und wie die Befindlichkeiten sind.

 

Groß waren die Befindlichkeiten in der Wahlperiode von 2002 bis 2008. Persönliche Anfeindungen waren im Stadtrat an der Tagesordnung, das Gremium hatte einen Ruf wie Donnerhall. Wie haben Sie das erlebt?

Stünzendörfer: Ich bin in jede Sitzung mit einem unguten Gefühl gegangen, denn du fragst dich: „Was passiert heute wieder?“ Das ging oft schon mit dem Streit über die Tagesordnung los. Es gab diverse Anträge zur Geschäftsordnung. Normalerweise liegt die, bildlich gesprochen, in der Schublade, damals hatte ich sie unterm Arm. Ich habe mehrere Fortbildungen zu dem Thema gemacht. Oft bin ich am Ende emotional total aufgewühlt aus den Sitzungen gegangen, einmal habe ich danach in der Tiefgarage den Außenspiegel von meinem Auto abgefahren. Es war kein angenehmes Arbeiten.

 

Stöhnt die Verwaltung eigentlich öfter über den Stadtrat mit seinen Wünschen und diversen Prüfaufträgen?

Stünzendörfer: In der Verwaltung sitzen die Fachleute, die natürlich erkennen, wenn – manchmal – gewisse Dinge kaum zu realisieren sind. Zum Beispiel das Thema, ob Oberasbach eigene Stadtwerke haben sollte: Das hat viel Geld und unheimlich Personalressourcen gekostet und ist letztlich gescheitert. Oder auch das Sportzentrum: Seit Jahren plant das Bauamt dort. Wenn aber nichts vorangeht oder die Sache im Papierkorb landet, schafft das Frust. Allerdings müssen Kommunalpolitiker eben bestimmte Dingen anstoßen und denken dürfen.

 

Spätestens in einem halben Jahr braucht Sie das nicht mehr zu berühren. Gibt es schon Pläne?

Stünzendörfer: Da ich noch einen kleinen Sohn habe, der betreut werden muss, habe ich mir keine großartigen Gedanken gemacht. Schön ist es, die Freizeit nicht mehr um den Dienst herum planen zu müssen. Ich bin seit 40 Jahren Mitglied im Fischereiverein Zirndorf und hatte heuer erstmals seit 15 Jahren wieder eine Angel in der Hand. Das möchte ich künftig auf jeden Fall öfter wieder machen.

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