Der Kärwa-Adler im Fürther Rundfunkmuseum

9.11.2010, 17:46 Uhr
Der Kärwa-Adler im Fürther Rundfunkmuseum

© Hans-Joachim Winckler

Das Schmuckstück wollte sich Gerd Walther nicht durch die Lappen gehen lassen. Als der Chef des Rundfunkmuseums vor vielen Wochen in der Zeitung las, dass im Haus der Kleingärtner an einem Nachbau der ersten deutschen Lokomotive im Maßstab 1:2 gearbeitet wurde, schaltete er blitzschnell: „Ich hab’ gleich am nächsten Tag einen Termin ausgemacht, um herauszufinden, was damit nach dem Kärwazug passiert“, erzählt er.

Gebangt habe er dann noch bis vergangene Woche. „Ich hab’ gehofft, dass sich kein anderer meldet, sonst wär’s sicher teurer geworden“, sagt er. Am Dienstag aber wurden Nägel mit Köpfen gemacht: 1300 Euro übergab der Förderverein des Rundfunkmuseums dem Vorstand der Kleingärtner. „Das sind die Materialkosten“, sagt Walther, „hätten wir die Arbeitszeit bezahlen müssen, hätten wir keine Chance gehabt.“ Rund 600 Stunden haben die beiden Kleingärtner Wilhelm Schnabl und Roland Weck damit zugebracht, Deutschlands erste Eisenbahn bis in alle Einzelheiten nachzubauen.

Am Donnerstag mussten sie Abschied nehmen. Ein richtiger „Hingucker“ sei das neue Exponat, freut sich Walther. „Es wäre doch schade, wenn die bei den Kleingärtnern vor sich hindämmert.“ Zudem lasse sich mit dem „Adler“ prima auf eine Fürther Erfindung aufmerksam machen, von der in Fürth noch nicht allzu viele wissen: Im Jahr 1838 entdeckte der Münchner Mathematikprofessor Carl August von Steinheil bei Versuchen an der Ludwig-Eisenbahn die elektrische Leitfähigkeit der Erde.

"Der ist nicht zu übersehen"

Steinheil war ursprünglich nach Fürth gereist, um die Schienen als Telegrafie-Leitungen zu nutzen. Das Experiment missglückte, aber Steinheil bemerkte, dass sich die Erde als Rückleitung nutzen ließ und somit nur ein Draht für die Oberleitung notwendig war, um erfolgreich zu telegrafieren. „Ein Draht statt zwei — das sparte natürlich Kosten“, sagt Walther.

Am 2. Dezember soll der neue Ausstellungsbereich komplett hergerichtet sein, aber schon jetzt können Besucher des Rundfunkmuseums einen Blick auf den „Adler“ erhaschen. „Der ist ja nicht zu übersehen.“

Weniger Glück als Walther hatte man indes im Bürgermeisteramt, wo man noch immer einen neuen Besitzer für ein ähnlich unübersehbares Überbleibsel des Bahnjubiläums sucht. Schon im August hatte die Stadt den Plan gefasst, die aufwändig bedruckten Folien, die die schmucke Fassade des alten Ludwigbahnhofs zeigen, zu versteigern. 5000 Euro wurden als Mindestgebot gefordert. Doch dann meldete sich bei der Stadt nur ein einziger Interessent — und bot 500 Euro. Zu wenig, wie man fand. Seitdem haben Susanne Kramer und ihr Team viele Ideen verfolgt: Der Nachbau wurde dem DB-Museum angeboten, dazu diversen Baufirmen, die hinter den Folien unschöne Gerüste verstecken könnten, und sogar dem Erlebnispark Schloss Thurn und dem Nürnberger Tiergarten, durch den eine kleine Kinder-Eisenbahn fährt. Die Fotos, die man per E-Mail schickte, gefielen allen, sagt Kramer, aber vermutlich habe es überall am Geld gefehlt.

Die Ideen sind der Stadt noch nicht ausgegangen. Aus den 160 Quadratmeter PVC-Planen ließen sich doch auch originelle Einkaufstaschen machen, sagt Kramer. Ein Hersteller ist noch nicht gefunden, beim Bürgermeisteramt wäre man über Zuschriften sicher nicht unglücklich.