Der Steinbruch ist auch im Spätherbst schön

20.11.2010, 14:11 Uhr
Der Steinbruch ist auch im Spätherbst schön

© Ute Fürböter

Georgensgmünd hat eine über 700 Jahre alte Geschichte – die alten Wernsbacher Steinbrüche zählen wegen ihrer grandiosen Naturkulisse zu den hundert schönsten Geotopen Bayerns. Die wollten und wollen wir sehen. Bleibt nichts anderes übrig, als zu laufen. Und das wird dauern.

Weit kommen wir nicht. Denn kaum sind wir nach rechts in die Bahnhofstraße eingebogen, sehen wir nach wenigen Metern ein Hinweisschild „Historisches Wasserrad“. Wir wechseln die Straßenseite. So bekommen wir nun doch noch eine der Sehenswürdigkeiten zu Gesicht. Sechs stattliche Meter misst das Wasserrad im Durchmesser. Seit 1983 dreht es sich wieder an der Stelle der rauschenden Rezat, wo schon 1733 eine Papiermühle klapperte.

Trittsteine in der Rezat

Schnöde kehren wir der Idylle den Rücken, sonst kommen wir nie ans Ziel. Erneut überqueren wir die Kreisstraße, dann den Parkplatz dahinter, stehen nun im Freizeitpark Bruckespan und auch wieder an der Fränkischen Rezat. Halten wir uns rechts, sichten wir im Wasser schnell Trittsteine. Pech! Der Wasserstand ist zu hoch, um sie auszuprobieren. Es sei denn, man riskiert nasse Füße. Wir folgen lieber dem „Steinbruchweg“ oder auch Weg Nr. 2. Dieser Rundweg misst insgesamt 11,5 Kilometer.

Zunächst laufen wir auf die große Eisenbahnbrücke zu. Skulpturen schmücken den Weg. Insgesamt 15 Kunstwerke entstanden im Jahr 2000 in einer offenen Künstlerwerkstatt. Seitdem ist der Fuß- und Radweg Richtung Roth auch eine Open-Air-Galerie. Der Wegweiser „Gmünder Skulpturenweg“ leitet uns über eine kleine hölzerne Brücke bis zu einer Fabrik. Davor zweigt der „Jägersteig“ ab. Er führt geradewegs nach Petersgmünd hinüber. Wir gehen durch Streuobstwiesen. Schon wieder ein Fluss! Aber diesmal ist es die Rednitz, in der sich wenige Meter vorher das Wasser von Fränkischer und Schwäbischer Rezat vereinigt hat.

Im Ortsteil Petersgmünd steuern wir das Feuerwehrhaus an, das wir links vorn sehen. Dort zweigt der Wernsbacher Weg ab, in den wir prompt einbiegen. Bisher sind wir gerade mal zehn Minuten gelaufen. Wir passieren die Kirche (rechts), schnuppern echte Landluft (Kuhställe links). An der Straßenkreuzung außerhalb des Ortes sichten wir zum ersten Mal den braun-weißen Wegweiser „Geotop/Geologie erleben“. Fortan wird er uns lotsen. Ein paar Schritte bloß, dann gabelt sich der Sandweg. Wir halten uns links (rechts werden wir zurückkommen).

Auf einem breiten Forstweg tauchen wir in den schattigen Wald ein. Kiefern, vom Efeu umrankt. Traumhaft. Und erst die Stille! Tatsächlich werden uns bloß ein einziges Mal Leute begegnen. Fahrradfahrer übrigens. Da regt sich der Neid. Die Strecke ist ideal, um schnell und mühelos ans Ziel zu kommen, aber...

Wegweiser sind zwar selten, aber es geht immer geradeaus

Eindrücke entschädigen uns. Der Wald öffnet sich. Wiesen und Felder wechseln sich ab. Hier tanken wir Sonne, bis erneut Wald beginnt. Es geht immer geradeaus. Deshalb stört es nicht, dass nur selten ein Wegweiser auftaucht (außer dem blauen Schild mit der 2 gelten auch 4 und 7). Zielsicher erreichen wir Wernsbach. Hier überqueren die Bundesstraße 2. Wer will, kann nun im Landgasthof Scherbaum einkehren. Um sich in der traditionsreichen Gaststätte (seit 1816) mit einem Schäuferle für 7,90 Euro zu stärken

Links vom Gasthof geht es dann weiter. Am Haus Nr. 3 mit dem Schild „Franz Computer“ biegen wir nach rechts ab. Gleich an der nächsten Ecke entdecken wir den bekannten Geotop-Wegweiser. Er zeigt nach links. Hinter der Weiherhütte, die sich rühmt, 386 Meter über dem Meeresspiegel zu stehen, schwenken wir nach rechts Richtung Wald. Kaum sind wir unter den Kiefern ein paar Meter gelaufen, gabelt sich der Weg und es geht, wie ausgeschildert, nach links. Wir erreichen eine Kreuzung und kommen kurz ins Grübeln. Sollen wir dem Schild Nr. 2 geradeaus folgen oder dem Geotop-Wegweiser nach links? Eigentlich ist es egal. In die „Hollerstuben“ (so die Flurbezeichnung) gelangt man so oder so. Wir wählen die Variante nach links.

Die Kulisse ist fantastisch

Etwa eine Viertelstunde nach Wernsbach öffnet sich hinter einem Felsentor eine fantastische Kulisse aus steilen Abbauwänden, Gängen, Felsöffnungen und weit gespannten Steinbögen. Das ist der historische Sandsteinbruch. Als vor etwa 215 Millionen Jahren sintflutartige Regenfälle Flüsse über die Ufer treten ließen, kam es zu gigantischen Überschwemmungen mit ebensolchen Sandablagerungen. Zu Stein gewordener Sand wurde zwischen Wernsbach und Mauk 500 Jahre hindurch mit einfachsten Mitteln gebrochen.

Nach dem mühseligen Abbau mussten die Steine mit Seilen von Hand heraufgezogen und mit einem „Galgen“ auf Pferdegespanne verladen werden. Die Quader mit der charakteristisch hell-rötlichen Farbe waren auch im 40 Kilometer entfernten Nürnberg begehrt. Dort prägt der Burgsandstein aus Wernsbach bis heute das Stadtbild. Weil Beton billiger war, wurde der Steinbruch um 1930 stillgelegt. Nur direkt nach dem zweiten Weltkrieg brach man den roten Stein in Wernsbach noch einmal. Damals wurde er dringend für den Wiederaufbau von Nürnbergs zerstörten Kirchen benötigt. Das Areal ist mehrere Quadratkilometer groß. Stundenlang könnte man auf Entdeckungstour gehen. Vorsicht muss man natürlich walten lassen. Vor allem da, wo Absperrungen sind – falls man auf welche stößt. Die schmalen künstlichen Öffnungen, die sich in einigen Felsen knapp über dem Erdboden zeigen, darf man offensichtlich erkunden. Ein Jammer, dass wir keine Taschenlampe dabei haben. So bleibt ihr Geheimnis vorerst ungelüftet. Später erfahren wir, dass es sich um die ehemaligen „Kühlschränke“ für die Verpflegung der „Fremdarbeiter“ handelt, die hier im Steinbruch im 19. Jahrhundert schuften mussten.

Ein letzter Rundblick, dann treten wir den Heimweg an. Auf dem Weg Nr. 2/ Steinbruchweg, den wir im dichten Heidelbeergesträuch wiedergefunden haben. Bald sehen wir in der Ferne die Gewächshäuser von Wernsbach (nahe der Weiherhütte). Einen Augenblick liebäugeln wir damit, einfach auf dem Weg zurückzuspazieren, den wir gekommen sind. Das würde vielleicht zwei Kilometer sparen. Lohnt also nicht. Deshalb schwenken wir auf mit dem Forstweg links Richtung Mauk (nicht ausgeschildert).

Gemeuchelt durch Husarenhand

Vor dem Örtchen links ist ein Waldspielplatz, dort kann man rasten. Theoretisch könnten wir jetzt noch nach Obermauk wandern. Dort steht seit 1720 eine kleine Kapelle zur Erinnerung an einen markgräflichen Wildmeister. Der tapfere Mann starb damals „durch die Hand räuberischer Husaren“.

Hinter der Hausnummer 18 in Mauk geht es scharf rechts (der Wegweiser ist kaum noch zu lesen) Wir überqueren die B2. In Richtung Petersgmünd windet sich ein breiter Sandweg durch Felder und Wiesen. Er mündet in eine Asphaltstraße. Auf dem Steinbruchweg (rechts, ausgeschildert) gelangen wir in den Wald. Bei einer Gabelung halten wir uns intuitiv links. Der Rohrbacher Weg bringt uns bis Petersgmünd. Ab nun folgen wir unseren eigenen Spuren. Vorbei an Häusern und Brücken und Brüstungen aus hell-rötlichem Sandstein. Wir sehen das alles jetzt mit anderen Augen.



 

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