Im Kloster: Eine Reise ins Innerste

17.12.2010, 09:52 Uhr
Im Kloster: Eine Reise ins Innerste

© Kloster Plankstetten

Viel Platz braucht man nicht zum Glücklichsein. Abt Beda Maria Sonnenberg hat in seiner Mönchszelle unter dem Dach des Klosters Plankstetten weniger als 20 Quadratmeter. Darin stehen: 40 Regalmeter Bücher, ein Bett, ein Schrank, ein Sekretär, kein Computer, keine Stereoanlage, kein Fernseher.

„Davon wird man nur dumm“, meint der Abt. Deshalb sind auch die 52 Zimmer im Gästehaus freundlich, aber schlicht und ohne Fernseher und Internetanschluss eingerichtet. „Die Menschen sollen zur Ruhe und zu sich selbst kommen. Sie sollen sich selbst aushalten und nicht ständig berieseln lassen“, erklärt Schwester Conrada.

Sie leitet das Gästehaus St. Gregor, das 1989 nach dem Ende einer Realschule mit Internat entstand. Gastfreundschaft ist den Benediktinern wichtig. In der Ordensregel steht: „Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus.“ In Plankstetten übrigens auch Protestanten, Paare und Familien.

Schwester Conrada kann viel erzählen von gestressten Gästen. Da war etwa der Bäckermeister, der sich ständig an der Pforte meldete, weil er nach Beschäftigungen suchte. Er hielt die Stille nicht aus. Erst ein Gespräch mit Schwester Conrada half ihm, das Nichtstun zu ertragen.

„Das Kloster hat das besondere Ambiente, um an solche gestressten Menschen ranzukommen. Die spüren ja nichts mehr“, sagt Schwester Conrada. Die schlimmsten Fälle führt sie in die prächtige, ganz im farbenfrohen byzantinischen Stil ausgestaltete Krypta. „Die bewegt jeden“, weiß die Franziskanerin und fügt hinzu: „Der Geist von jahrhundertelangen Gebeten schwebt durch das Kloster.“

Viele Seminare und Tagungen finden in der besonderen Atmosphäre des 1129 gegründeten Klosters statt. Das Kloster bietet aber auch selbst etliche Kurse an. Exerzitien für Manager, Besinnungstage, Fasten oder Malkurse sind zum Beispiel im Angebot. Die Kultur-Reihen „Klassik im Kloster“ oder „Literatur im Kloster“ sollen weitere Besucher anlocken.

Eindrucksvolle Begegnungen

Ein Besuch der Ausstellung „Glauben und Handeln“, die das Klosterleben anschaulich näherbringt, lohnt immer. Ebenso eine Ikonen-Schau mit Werken aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Im Sommer lassen sich herrliche Rad- und Wanderwege erkunden.

Die meisten Gäste nutzen den Aufenthalt aber für eine Reise in ihr Innerstes. Sie freuen sich über eindrucksvolle Begegnungen, die sich hier ganz automatisch mit Tiefgründigem befassen. „In der Stille kommt viel hoch. Hier kann man sich nicht mit Medien betäuben“, erklärt Schwester Conrada.

„Viele Gäste sind sehr bedürftig nach Ansprache, vor allem in religiösen Fragen“, erzählt der Abt Beda Maria Sonnenberg. Die Berieselung und der Mobilitätswahn hinterlasse seine Spuren. Die Benediktiner dagegen setzen auf Ortsbeständigkeit. Ein Mönch verbringt in der Regel sein gesamtes Leben im selben Kloster. Auch der Abt sagt deswegen viele Termine ab: „Ich will hier sein. Was bringt es, immer überall präsent sein zu wollen?“

Im Kloster: Eine Reise ins Innerste

© Kloster Plankstetten

Die 18 Mönche sieht man als Gast vor allem zu den Gebetszeiten, an denen jeder teilnehmen kann. Fünfmal am Tag versammelt sich der Konvent in der Kapelle zu Chorgebet und gregorianischem Gesang, zum ersten Mal um fünf Uhr morgens. Zudem wird um sieben Uhr in der Klosterkirche das Konventamt gefeiert. „Das sollen Tankstellen sein, aus denen man Kraft für den Tag schöpft. Kurz und prägnant soll es sein, keine ewige Frömmelei“, meint Frater Richard.

Die Kraft braucht er auch, schließlich leitet er die Landwirtschaft des Klosters. Anfang der 90er hat sich der Konvent für den ökologischen Landbau entschieden. Frater Richard wirtschaftet nun nach den strengen Bioland-Richtlinien. „Die uns anvertraute Schöpfung muss so bestellt werden, dass sie die Kraft hat, sich selbst so regenerieren“, sagt er.

Acht Tonnen Mehl im Monat gehen an die Bäckerei von Frater Bonifatius. Zweimal zeichnete sie die Zeitschrift „Der Feinschmecker“ bereits als eine der besten Deutschlands aus. „Die Hochwertigkeit ist mir ein großes Anliegen“, betont Frater Bonifatius.

Das bekommt auch der Gast zu spüren. Der genießt nämlich genau die gleichen Speisen wie die Mönche: Fleisch aus der Klostermetzgerei, Obst und Gemüse aus der Gärtnerei und eben die Backwaren von Frater Bonifatius. Alles Bio also. Auch in den 30 Läden, die die Bäckerei beliefert. Das Kloster ist ein Wirtschaftsbetrieb.

Da kommen auch die Mönche nicht ohne Kompromisse aus. Während die anderen Brüder gegen 21.30 Uhr ins Bett gehen, beginnt Frater Bonifatius zwei Stunden später sein Tagwerk in der Bäckerei. Das Fünf-Uhr-Gebet muss ohne ihn stattfinden. Und auch einen Habit, das schwarze Mönchsgewand, kann er nur selten tragen: „Das Schwarz verträgt sich nicht gut mit dem weißen Mehl“, lacht er.

Neue Formen des Mitlebens?

Obwohl mit Frater Lucas gerade erst ein 20-Jähriger Teil der Gemeinschaft geworden ist, fehlen auch Plankstetten die jungen Mönche. Das könnte sich laut Abt Beda Maria Sonnenberg jedoch ändern: „Die moderne Gesellschaft ist sehr zermürbend. Ich glaube, dass es in Zukunft wieder mehr Aussteiger geben wird.“

Damit die sich für das Kloster entscheiden, müssten aber neue Formen des Mitlebens im Konvent eingeführt werden. Früher gab es die schon. Konversen etwa, also Laienbrüder, die im Kloster mitarbeiten. Oder Oblaten, also Menschen, die ein benediktinisches Leben führen, aber keine Mönche sein wollen. Bis es so weit ist, kann man aber auch schon als Gast einen ersten Einblick gewinnen.